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Berlin: Ungewöhnliche Ausstellung im Fernsehturm-Foyer - 250 Köpfe, die sich modellieren ließen

Das Foyer des Fernsehturms glitzert und glänzt im Widerschein goldener Masken: Bis zum 2. Juni 2 000 kann gestaunt und gerätselt und darüber gestritten werden, ob die Maskerade nun Kunst ist oder Kitsch oder von beidem etwas.

Das Foyer des Fernsehturms glitzert und glänzt im Widerschein goldener Masken: Bis zum 2. Juni 2 000 kann gestaunt und gerätselt und darüber gestritten werden, ob die Maskerade nun Kunst ist oder Kitsch oder von beidem etwas. Zur Demaskierung des Masken-Bildners muss gesagt werden, dass Andreas Stockheim, Jahrgang 1963, schon als Kind allerlei Dinge formte, was sich später insofern auf einer mehr süßen Ebene fortsetzte, als der Düsseldorfer das Konditorenhandwerk lernte und mit seinen Figuren aus Eis und Schokolade Meister wie Kunden ins Entzücken versetzte. Nach Kunststudium und Betriebsorganisatoren-Lehre hatte der junge Mann mit dem flott geflochtenen Zopf vor nunmehr zehn Jahren eine Idee, die ihn nicht mehr los ließ: "Ich wollte 500 Masken von Menschen machen und sie dann ausstellen", sagt er. 10 000 Leute ("das ging vom Bundeskanzler bis zum Schwarzenegger"), darunter viele Sportler und Künstler, aber auch Menschen von nebenan, wurden in einem freundlichen Brief gefragt, ob sie sich für eine kurze Sitzung zur Anfertigung ihrer Masken zur Verfügung stellen würden. Die Quote war nicht erhebend, von 10 000 gaben 500 ihr O.K., ließen sich vom Jung-Künstler in Tücher ein- und nach kurzer Zeit wieder auswickeln, bis die weiße Maske abzunehmen war.

Erst nachdem Promis und Profis ihre Nasen hingehalten haben, begann für Andreas Stockheim der eigentliche Schöpfungsakt. Er überstrich den Gips nicht einfach mit Gold, sondern versuchte, den Gesichtern typische Accessoires zuzuordnen. Wolfgang Thierse zum Beispiel (dessen hervorstechend-plastischer Bart die Eingipserei schadlos überstanden haben soll) hat seine Brille auf der Nase und einen großen Bundesadler auf dem Arm, während MP Stolpe mit dem kleineren Brandenburger Landesvogel zufrieden sein muss. Manche Figuren scheinen aus einer Landschaft zu wachsen, andere aus dem goldenen Nichts. TV-Turm-Chef Wellner hält seine Kugel-Röhre im Arm, und Joachim Zeller, der Bezirksbürgermeister von Mitte, wird von einem Bären begleitet. Bei Kerstin Kielgaß hatte der Meister der Masken insofern Glück, als ihm die Schwimmerin einige ihrer Medaillen und Pokale zur Einarbeitung in die querformatige Schwimmszene überließ. Und der Turner Andreas Wecker, der sich hier mit prallem Bizeps an den Ringen hält, musste die größte Geduld aufbringen - die 20 Minuten lange "Sitzung" an den Ringen war Stockheims bislang schwierigster Part.

Einige Modelle, die sich zur Ausstellungseröffnung erstmals ihrem Konterfei gegenüber sahen, fanden das "ziemlich gelungen"; Spaß hätte die Sache mit dem weißen Zeug um den Kopf allemal gemacht, sagen Speerwerfer Raymond Hecht und Mittelstrecken-As Niko Motchebon, dessen Laufschuhe zu einem Teil des Werkes geworden sind. Sehr würdig schritt Ottomar Rudolphe Vlad Dracula Prinz Kretzulesco vom Schloss Dracula aus Schenkendorf zu seiner Maske und fand es wohltuend, dass in seinem Falle ein dunkles Grau das Gold ersetzte, "obwohl ich mit Gold Handel treibe". Schade, dass Karat, Franziska van Almsick, Berlins Radprofis, der starke Arm der Astrid Kumbernuss und Prinzessin Theophana von Sachsen nicht da waren, aber man kann sie mit 250 anderen im Fernsehturm als Masken treffen - und kaufen, pro Stück ab 1000 Mark.

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