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Lach mal wieder. Mit Stan und Ollie fällt das nicht schwer. Zumal sie für ihre Nacht im Mordhaus so ungemein kleidsam kostümiert sind.

© picture alliance

Unglaublicher Fund: Dick und Doof auf Deutsch

Stan & Ollie mit ihren Originalstimmen und auf Deutsch? Das hat es tatsächlich gegeben. Am Montag ist der Film „Spuk um Mitternacht“ in der Urania zu sehen – aufgetaucht in einem Moskauer Archiv. Eine Rarität.

Ein gewisser Ebeneezer Laurel hat das Zeitliche gesegnet, per Zeitungsannonce wird zur Testamentseröffnung gebeten. Laurel? Wie Stan Laurel? Hoffnung auf ein Riesenvermögen keimt bei diesem auf, gemeinsam mit seinem Freund Ollie macht er sich auf den Weg – und sieht sich in der Villa des Verstorbenen bösem Verdacht ausgesetzt. Es war kein natürlicher Tod, Mord vielmehr, und bis der Täter gefasst ist, darf keiner das Haus verlassen. Was folgt, ist eine grässliche Nacht – samt „Spuk um Mitternacht“. Am Morgen jedoch..., aber das soll hier nicht verraten werden.

Ob Stan und Ollie gewusst haben, welch wenig schmeichelhafte Namen ihnen die Deutschen gegeben hatten? Dass sie, das berühmte Komikerduo, dabei zu „Dick und Doof“ wurden? Wobei man sogar die Reihenfolge vertauschte, denn der Dicke, das war doch Oliver Hardy und Stan Laurel der Doofe.

Sie sind im Kino nur noch selten zu sehen, manchmal aber doch. So mit je vier Kurzfilmen am 27. Januar und 1. April bei den Stummfilmkonzerten des Pianisten Stephan Graf von Bothmer im Wintergarten an der Potsdamer Straße – und zuvor an diesem Montag in der Urania, auf Deutsch! Und nicht etwa von irgendwem synchronisiert, sondern mit den Originalstimmen von Stan und Ollie.

Beim „Spuk um Mitternacht“ eben, einer cineastischen Rarität, zu der der Berliner Autor und Journalist Christian Blees einlädt. Genau genommen sind es zwei je 20 Minuten dauernde Filme, die halbwegs plausibel zusammengefügt wurden, entstanden 1929/30 und ein Jahr später auch in Deutschland zu sehen. „The Laurel and Hardy Murder Case“ hieß im Original das Mitternachtsabenteuer, in das eine leicht gekürzte Fassung von „Berth Marks“ einmontiert wurde – die Erlebnisse der beiden während der Zugfahrt zur Testamentseröffnung.

Synchronisationen oder auch Untertitel waren damals noch problematisch, Produzenten behalfen sich daher gerne damit, Filme mit Blick auf den internationalen Markt gleich mehrfach zu drehen, in verschiedenen Sprachen. Dolmetscher mussten die Schauspieler jeweils für die neue Sprache präparieren, einstudiert wurden die Texte per Lautschrift.

Das ging nicht immer glatt. „Man sagt, die deutsche Sprache sei eine schwere Sprache“, was Dick und Doof gern bestätigen würden, hieß es etwa in der Zeitschrift „Licht Bild Bühne“ vom 22. Mai 1931: „Mühsam entringen sich ihnen unsere schönen Mutterlaute. Aber das macht diesmal nicht viel aus. Der Witz der beiden ist eben ganz auf Mimik und komische Gebärde gestellt, und – ja, sie sind eben so amüsante Burschen, dass man ihnen alles verzeiht“. Die Fachzeitschrift „Der Film“ berichtete sogar von „geradezu gewalttätigen Attacken auf die Lachmuskeln“. Das Publikum sah es ähnlich und hat sich köstlich amüsiert, besonders über die chaotische Zugfahrt.

Rund ein halbes Dutzend Filme ließ Produzent Hal Roach sein Duo damals mehrsprachig drehen, Der „Murder Case“ etwa wurde auf Englisch, Französisch, Spanisch und eben Deutsch veröffentlicht. Die deutsche Fassung galt lange als verschollen, bis vor einigen Jahren der „Spuk um Mitternacht“ in einem Moskauer Filmarchiv auftauchte.

Christian Blees gibt eine kurze Einführung in Leben und Werk von Stan & Ollie, neben dem „Spuk um Mitternacht“ wird zudem der Stummfilm „The Second Hundred Years“ von 1927 gezeigt, der erste, wiederum von Hal Roach produzierte Film, in dem die beiden Komiker als bewusst zusammengefügtes Leinwandpaar zu sehen waren. Ein erstaunlich frivoles Werk: Nicht genug, dass Stan als Anstreicher einen Laternenpfahl zu streichen glaubt, allerdings das Hinterteil einer jungen Dame erwischt, und bei einem Festessen vergeblich mit einer Cocktailkirsche kämpft. Zuletzt ist die auf Nimmerwiedersehen verschwunden – im Rückenausschnitt eines Damenkleides.

„Spuk um Mitternacht“: Montag, 20. Januar, 19.30 Uhr, An der Urania 17. Tickets 8 Euro (erm. 7 Euro, Mitglieder 4,50 Euro). Kartenbestellungen unter Tel. 218 9091; www.urania.de. Die Stummfilmkonzerte mit Stan & Ollie, präsentiert von Stephan Graf von Bothmer, finden am 27. Januar und 1. April, jeweils 20 Uhr statt. Infos und Tickets unter www.wintergarten-berlin.de sowie Tel. 588 433.

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