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Berlin: Uni-Medizin: Sparen ohne Klinikschließung Berater Roland Berger hält Standort-Debatte für „Unsinn“

Charité-Sanierung kostet 438 Millionen Euro

Muss ein Universitätskrankenhaus in Berlin geschlossen werden? Im Dezember hatte der Unternehmensberater Roland Berger sein Gutachten über die Kosten einer Fusion der Berliner Universitätsmedizin übergeben. Das Ergebnis: Von den verlangten 98 Millionen Euro, die beim Staatszuschuss für Forschung und Lehre in der Hochschulmedizin dauerhaft zu sparen sind, könnten nur 84 Millionen erbracht werden. Seitdem haben die ärztlichen Direktoren der Charité der Annahme heftig widersprochen, dass deswegen ein Standort geschlossen werden sollte.

Dieser Meinung schloss sich Joachim Karrte, Vertreter des Unternehmensberaters Roland Berger, am Donnerstagabend bei einer Anhörung der PDS an. Er bezeichnete öffentliche Äußerungen, wegen der Lücke von 14 Millionen Euro müssten Standorte der vereinigten Hochschulmedizin geschlossen werden, als „Unsinn“. Diese Lücke könne durch den Verkauf von Gelände oder Gebäuden geschlossen werden. Der ärztliche Direktor der Charité am Standort Mitte, Manfred Dietel, schloss sich dieser Auffassung an. Die Charité sei mit Flächen und Gebäuden sehr gut ausgestattet und könne unter Aufgabe einiger Außenstandorte auf etwa 20 Prozent der Flächen verzichten. Voraussetzung dafür sei aber, dass das künftige Gesetz zur Hochschulmedizin der Charité erlaube, Grundstücke und Gebäude zu vermieten oder zu verkaufen und Kredite aufzunehmen.

Ein anderes Problem stellt sich bei den Investitionen. Unstrittig ist, dass das Bettenhochhaus der Charité weiter saniert und am Standort Mitte der Versorgungsring für die Forschungsinstitute und Kliniken geschlossen werden muss. Ebenso ist das Klinikumsgebäude auf dem Campus Benjamin Franklin in Steglitz sanierungsbedürftig. Das kostet zusammen 438 Millionen Euro, wie Wolfgang Eckey, Medizinexperte in der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung, bestätigt. Wie diese Millionen aufzubringen sind, „ist der Knackpunkt”. So formulierte es die bisherige Vorstandsvorsitzende der Charité, Ingrid Nümann-Seidewinkel. Denn nicht nur das Land Berlin befindet sich in einer Finanznot, sondern auch der Bund. Bei der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau will der Bund seinen Beitrag von über einer Milliarde Euro auf 870 Millionen Euro senken. Das verschärft die Probleme für Berlin.

Wegen des Finanzbedarfs schlägt Roland Berger eine rechtliche Neuorientierung vor: Es soll zu einer strikten Trennung der Kosten für Forschung und Lehre von den Kosten für die Krankenversorgung kommen. Um die Aufgaben der Kliniken rechtlich möglichst günstig zu organisieren, könnte die Krankenversorgung zunächst als Anstalt öffentlichen Rechts verwaltet werden, um nach einer Übergangszeit in eine private GmbH umgewandelt zu werden. Die GmbH biete sich als besonders günstige Gestaltungsform an, wenn man privates Kapital gewinnen wolle.

Diese Gedanken hat die Senatsverwaltung in einem Papier aufgegriffen, das Grundlage für ein Gesetz zur Hochschulmedizin werden soll. Danach bleiben Forschung und Lehre Bestandteil der Universitäten. Die Krankenversorgung würde als Anstalt organisiert – mit eigenem Vorstand und Aufsichtsrat.

Patienten sind an einem Uniklinikum nicht nur Fälle für die Krankenversorgung, sondern auch für Lehre und Forschung, argumentiert Manfred Dietel für die bisherige Lösung. Dietel verweist auf Leipzig, wo die Krankenversorgung in der Hochschulmedizin privatisiert wurde: Seither verhandelten die Professoren der Universität bei Absprachen mit den Klinikern mit Hilfe von Rechtsbeiständen. Solche Reibungsverluste müssten in Berlin vermieden werden.

Uwe Schlicht

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