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Union gegen Hertha: Wen Prominente beim Derby anfeuern

Eisern! Ha-Ho-He! Das hat es seit 60 Jahren nicht gegeben. Berlins größte Klubs spielen gegeneinander: Hier erzählen Prominente, wen sie am Freitag anfeuern - und warum.

Die Frage ist ziemlich heikel, sie wird seit Tagen an fast jedem Tresen der Stadt gestellt: „Für wen sind Sie, 1. FC Union oder Hertha BSC?“ – „Auf die alte Tante Hertha stand ich noch nie so“, sagt Christian Ströbele, der Grünen-Politiker, „in Berlin schlägt mein Herz eher für Union.“ Wie die Fans ihr Stadion an der Alten Försterei aufgebaut haben, ja, das wecke seine Sympathien. Und daher: „Für mich ist Union die neue Hoffnung für Berlin.“

Rolf Eden, Berlins dienstältester Bonvivant, steht auf der anderen Seite: „Ich bin für Hertha, na klar! Ich mein, ich bin ja fast mit Hertha BSC geboren. 1930, da hat die Hertha den Meistertitel gewonnen.“ Für Union habe er sich nie interessiert. „Ich bin West-Berliner“, sagt der 80-Jährige – „und außerdem bleibe ich treu, einem Verein, der den weiblichen Namen ,Hertha‘ trägt, sowieso.“

Das hat es noch nicht gegeben: Union gegen Hertha, um 18 Uhr ist heute Anpfiff. Das Stadion ist mit fast 19 000 Plätzen längst ausverkauft, Karten gab es gar nicht im freien Verkauf, die Schwarzmarktpreise sind enorm. Die Stehkarte geht weg für 100 Euro, Normalpreis: zehn Euro. Die VIP-Tribüne im Köpenick ist gefüllt wie lange nicht mehr, auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) kommt. Er ist Hertha-Vereinsmitglied, aber diesmal sei er „neutral“, sagt Wowereit brav, „mich würde es freuen, wenn es ein gutes Spiel wird und der Bessere gewinnt.“ Der Hertha-Schal bleibt zu Hause.

Nina Hagen hat die Hymne von Union gesungen, sie ist natürlich für die Köpenicker. Klar, für wen Hertha-Hymnensänger Frank Zander steht („ich tippe auf 3:1!“): „Die junge Mannschaft um Trainer Markus Babbel spielt solch einen erfrischenden Fußball, das hat mich dazu inspiriert, einen neuen Hertha-Song zu schreiben“. Den wird er bald live singen, aber viele Kilometer entfernt, in Westend, Olympiastadion.

Manchmal ist die Antwort viel komplizierter. Radiomoderator Knut Elstermann meint: „Als echter Berliner bin ich natürlich im Herzen zerrissen. Aber da ich schon als Schüler bei Union war und schon damals die Stimmung im Stadion toll war, bin ich für Union.“ Und auch Linke-Politiker und Union-Fan Gregor Gysi sagt: „Ich drücke meiner Mannschaft beide Daumen. Ich wünsche mir aber ebenso, dass Hertha den Wiederaufstieg schafft.“ Die dafür notwendigen Punkte solle sich die Mannschaft aber doch bitte „bei anderen Konkurrenten“ holen. Ähnlich sieht es der ehemalige Regierende Eberhard Diepgen (CDU): „In dieser Frage bin ich tief gespalten. Ich bin an der Plumpe groß geworden, am alten Hertha-Stadion in Gesundbrunnen. Hertha muss unbedingt in die Erste Liga kommen – Union darf aber nicht absteigen.“

Und ganz speziell zerrissen ist einer wie Spitzenkoch Tim Raue: Er hat früher in den 80ern in den Jugendmannschaften vom Profiklub Blau-Weiß 90 in Mariendorf gespielt, auch gegen den großen (West-)Berliner Stadtrivalen Hertha. „Eigentlich müsste ich also sagen: Ich bin neutral. Bin ich aber nicht, ich bin eindeutig für Hertha. Ich bin in West-Berlin groß geworden, war früher oft im Stadion, mit Union hatte ich nie was zu tun.“ Außerdem habe er früher als Jugendlicher gegen spätere Hertha-Profis wie Carsten Ramelow gespielt.

Die Fans der Stadt debattieren, am Gartenzaun, am Tresen und auch am Arbeitsplatz. Der Berliner MTV-Moderator Markus Kavka wünscht sich ein „ein 2:2“, obwohl Hertha stärker sei. Sein Arbeitskollege Klaas Heufer-Umlauf sieht es anders: „Mir ist Union sympathisch, 2:1“.

Vielleicht überlässt man das Schlusswort in dieser kniffligen Angelegenheit einem Fußballkenner wie Schriftsteller Thomas Brussig: „Unions einzige Chance liegt in der phrasenschweinbedienpflichtigen Behauptung, dass Derbys ihre eigenen Gesetze haben.“ Letztlich aber sei es doch „schade, dass sich die beiden Vereine in der Zweiten und nicht in der Ersten Liga begegnen“.

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