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Berlin: Union vom Wähler abgestraft

Das schlechte Ergebnis der CDU kam nicht überraschend. SPD profitierte von Platzecks Popularität, die Linkspartei von der schlechten Stimmung im Land

Potsdam - Dass Brandenburg Rot gewählt und die Schwarzen tüchtig abgestraft hat, kommt nach den Ereignissen der letzten Wochen nicht überraschend. Zwar lag die märkische CDU im Juni bei einer Umfrage von Infratest dimap mit 33 Prozent knapp vor der SPD mit 31 und der PDS mit 22 Prozent. Manche in der CDU sahen ihre Partei damals schon als Wahlsieger. Doch das war, bevor CDU-Landeschef Jörg Schönbohm und der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber mit abwertenden Äußerungen über Ostdeutsche eine Welle der Empörung im Osten auslösten. Schönbohms Satz von der Proletarisierung der Brandenburg durch das SED-Regime, fatalerweise im Zusammenhang mit den neunfachen Frankfurter Babymorden geäußert, überschattete den Wahlkampf. Der CDU-Landeschef überstand zwar einen Entlassungsantrag der PDS im Landtag. Wenig später attackierte er die Spitzenkandidatin der Linkspartei.PDS, Dagmar Enkelmann, öffentlich mit falschen Stasi-Anschuldigungen - und entschuldigte sich nicht.

Es war klar, dass der Wähler das alles nicht ignorieren würde. Schon im August, auf dem Höhepunkt der Debatten um Schönbohm und Stoiber, brach die märkische Union laut Infratest dimap in der Wählergunst um 12 Punkte ein und erreichte nur noch 21 Prozent. Ein politischer Erdrutsch. Davon konnte sich die Union bis zum Wahltag nicht mehr erholen, zumal der CDU-Landeschef auch in der Popularitätsskala weiter abstürzte. Die Märker gaben ihm nur noch die Note 4,2 (Juni 3,1) - der bislang schlechteste Wert eines Brandenburger Politikers.

So ging es vor allem um Schadensbegrenzung, als Jörg Schönbohm in den letzten zwei Wochen vor der Wahl reumütig über die Marktplätze zog - allerdings mit auffallend geringer Resonanz. Die märkische Union wird sich jetzt, wenn sie aus ihrem Tief heraus- kommen will, der lange verdrängten Frage nach den Ursachen der Niederlagen bei der Landtagswahl 2004 und der Bundestagswahl 2005 stellen müssen. Dabei hat Schönbohm Glück im Unglück: Da seine Partei bundesweit stark einbüßte, gerät das miserable Brandenburger Ergebnis etwas in den Hintergrund. Dennoch steht die personelle Erneuerung auf der Tagesordnung. Das dürfte auch Jörg Schönbohm so sehen. Nur wird er der Zeitpunkt seines Abschieds selbst bestimmen.

Die Ursachen dafür, dass die SPD stärkste politische Kraft wurde, haben sicher mit der Popularität von Regierungschef Matthias Platzeck zu tun. Der rund zehnprozentige Abstand zur zweitplatzierten Linkspartei und der sich gestern Abend abzeichnende Gewinn aller zehn Direktmandate im Land sprechen für sich. Doch gegenüber der letzten Bundestagswahl musste die SPD Federn lassen: 2002 bekam sie noch 46 Prozent. Auffallend ist auch, dass der große Vorsprung, den die märkische SPD früher gegenüber den Ergebnissen der Bundespartei hatte, geschmolzen ist. Dies hängt mit der schlechten Stimmung im Land zusammen, von der die Linkspartei. PDS ganz eindeutig profitiert.

Es ist jedenfalls kaum zu bestreiten, dass sich die frühere PDS in Brandenburg ebenfalls endgültig als große Volkspartei etabliert hat. Wie bei der Landtagswahl deklassierte sie die Union, wurde erneut zweitstärkste Kraft – mit deutlichen Zugewinnen gegenüber der letzten Bundestagswahl. Viele Menschen vertrauen den etablierten Parteien nicht mehr. Doch auch die Linkspartei.PDS schafft es nicht, an der SPD vorbeizuziehen. Selbst ihre prominentesten Politiker Lothar Bisky und Dagmar Enkelmann schaffen es nicht, ihre Wahlkreise zu gewinnen - obwohl die SPD die blasseren Gegenkandidaten hat.

Michael Mara

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