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Universitätsklinikum Charité: Erfolg bei Berliner HIV-Therapie

Berliner Ärzten ist bei einem HIV-Patienten ein unerwarteter Behandlungserfolg gelungen. Nach einer Knochenmark-Transplantation sank die Zahl der Aidsviren bei dem Mann 20 Monate lang unter die Nachweisgrenze. Das Universitätsklinikum Charité bremste nach ersten Medienberichten am Mittwoch aber Hoffnungen auf eine neue Aidstherapie.

"Das ist ein herausragender Erfolg für die Wissenschaft. Es ist aber viel zu früh, über Therapiemöglichkeiten zu sprechen", sagte Prodekan Rudolf Tauber. Bei dem Charité-Patienten, der wegen seiner Blutkrebs-Erkrankung blutbildende Knochenmarkszellen transplantiert bekam, seien mehrere günstige Zufälle zusammengekommen.

Stolz sind die Charité-Mediziner dennoch auf ihre überraschende Entdeckung. Ursprünglich hatten sie vor drei Jahren einen 39-jährigen Mann in die Klinik aufgenommen, der an Blutkrebs (Leukämie) litt. Erst bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass er gleichzeitig schon länger eine HIV-Infektion hatte, die ebenfalls behandelt werden musste. Um beide tödlichen Krankheiten gleichzeitig zu bekämpfen, suchten die Ärzte nach einem besonderem Knochenmarkspender. Er sollte gegen das Aidsvirus immun sein. Das ist jedoch bei nur bei bis zu drei Prozent der Spender der Fall. Bei ihnen blockiert ein mutiertes Gen wie ein Torwart die Zellen, das Virus bleibt ausgesperrt.

"Dieses Virus ist zu trickreich"

Der schwerkranke Patient - ein US-Amerikaner, der in Berlin lebt - hatte Glück im Unglück. Für ihn kamen insgesamt 80 Knochenmarkspender infrage. Normalerweise sind es bei Leukämie-Fällen weniger als 5. Der 60. genau untersuchte Spender verfügte dann auch noch über den passenden genetischen "Torwart", der das Aids-Virus in Schach halten kann.

Durch die Stammzell-Transplantation hat der Patient inzwischen nicht nur seine Leukämie bekämpft. Seit rund 20 Monaten ist zur Freude und Überraschung der Ärzte auch das Aids-Virus nicht mehr nachweisbar. "Wir haben nicht nur das Blut untersucht, sondern auch Organe und das Zentrale Nervensystem", erläuterte Charité-Arzt Gero Hütter (39). Er will dennoch nicht davon sprechen, dass der Erreger ganz aus dem Körper verschwunden ist. "Dieses Virus ist zu trickreich", sagte er. Es könnte sich gut verstecken. Eine Mutation, die den "Torwart" vor den Körperzellen austrickse, sei auch denkbar.

Für andere Patienten nicht geeignet

Selbst nach fünf Jahren ohne HIV-Nachweis würden die Ärzte bei ihrem Patienten nicht von Heilung reden. Dafür sei der Fall zu einmalig, sagten sie. Für andere HIV-Patienten sei das Verfahren nicht geeignet, betonte Hütter. Allein die Stammzell-Transplantation sei mit einem zu hohen Risiko belastet. 20 bis 30 Prozent der Patienten schwebten danach in Lebensgefahr.

Nur 4 bis 6 von 100.000 Menschen erkranken an Leukämie. Bei einer HIV-Infektion liegt das Risiko nach Charité-Angaben doppelt so hoch. Dennoch bleibt der Berliner Patient mit seinen günstigen Voraussetzungen für die Stammzell-Transplantation eine Ausnahme-Erscheinung. Sie kann vor allem Gen-Forscher motivieren, ihr Augenmerk weiter auf das "Torwart"-Prinzip zu lenken.

Herangehensweise des Charité-Teams intelligent

Das bundesweite Kompetenznetz HIV/Aids trat Hoffnungen auf einem Durchbruch bei der Aidstherapie ebenfalls entgegen. "Das ist sicherlich keine Heilung", sagte der Sprecher des Kompetenznetzes, Norbert Brockmeyer. Es sei auch nicht das erste Mal, dass ein HIV-Patient mit Blutkrebs eine Knochenmarktransplantation erhalten habe, schränkte er ein. Es gebe bereits Studien aus den USA. Dort seien diese Versuche jedoch weniger erfolgreich gewesen.

Die Herangehensweise des Charité-Teams wertete der HIV-Experte als "intelligent". Es sei ein hochinteressanter Befund. Auf eine breite Patientenschicht sei der Erfolg aber nicht zu übertragen, sagte auch Brockmeyer, der Professor an der Ruhr-Universität Bochum ist. (saw/dpa)

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