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Berlin: „Unser Vater, euer Hotte“

Horst Buchholz hat sich das Motto des Felix Krull zu eigen gemacht: Liebe die Welt und sie wird dich lieben. Weit mehr als tausend Menschen haben sich gestern vor und in der Gedächtniskirche von dem Berliner Schauspieler verabschiedet

Hand in Hand mit seiner Schwester steht er da. Vor dem Altar, den Kerzen und Kränzen. Spricht über „unseren Vater, euren Hotte“, den Berliner, den Kosmopoliten. Als der Sohn von Horst Buchholz über den Menschen reden will, seine offene, ehrliche Art, versagt Christopher die Stimme, er kämpft mit den Tränen. „Er war einfach Rock ’n’ Roll, der Typ. Er wollte, dass ihr heute lacht, tanzt und singt“, bringt der Sohn noch hervor – und: „Wenn ihr nach Hause kommt, trinkt einen auf ihn!“

Niemand würde Horst Buchholz hier einen Wunsch verwehren, nur nach Feiern ist in der Gedächtniskirche niemand zu Mute. Auch dem nächsten Redner nicht. „Wir haben einen Filmstar verloren, den die Stadt in ihr Herz geschlossen hat“, sagt Klaus Wowereit. Vor etwa 850 Gästen spricht der Regierende Bürgermeister über das Leben und Wirken des Schauspielers, der in Prenzlauer Berg aufgewachsen ist, mit 13 Jahren erstmals auf der Bühne stand, fast 90 Filme gedreht hat und als einer der wenigen Deutschen den Durchbruch in Hollywood schaffte. Ein internationaler Star, für den Berlin immer die „schönste Stadt der Welt“ geblieben ist. „Hotte, wir werden dich nie vergessen“, sagt Wowereit. Er spricht da wohl für die versammelte Gemeinde. Die Familie, die Freunde und Kollegen. Schauspielerin Judy Winter ist wie viele andere gekommen, Karin Baal, Angelika Milster, Otto Sander, Gerd Wameling und Wolfgang Völz. Sänger Udo Lindenberg sitzt in der ersten Reihe, Ilja Richter, die Regisseure Wim Wenders und Volker Schlöndorff. Daneben Berlins Kultursenator Thomas Flierl, Parlamentspräsident Walter Momper, CDU-Fraktionschef Frank Steffel…

Die Witwe Myriam Bru hat als Abschiedsgruß eine einzelne lange, rote Rose auf den schlichten Kiefernsarg gelegt. In den Sarg hat sie den grauen Pelzmantel legen lassen, der in den letzten Jahren fast zu Buchholz’ Markenzeichen geworden ist. Als er bereits wieder in Berlin lebte und seine Frau, die er nach 44 Jahren Ehe noch immer siezte, in Paris. Hier zog Buchholz abends gerne durch die Gegend am Ku’damm, ins „Bovril“ beispielsweise. „Von Mo“, steht auf einem Kranz.

Es muss nicht immer einfach gewesen sein mit diesem Mann zu leben, der sich schon früh das Motto des Felix Krull zu eigen gemacht hat: „Liebe die Welt und die Welt wird dich lieben!“ Ein Mensch, mit dem seine Kinder so wunderbar lachen konnten. Der aber auch großzügig bis zur Verschwendung sein konnte, unvernünftig, egoistisch, stur. „Er blieb ein Kind, das sich nach Geborgenheit und Wärme sehnte“, sagt Gemeindepfarrerin Silvia von Kekulé.

Für die, die derweil draußen vor der Kirche stehen, aber war Buchholz vor allem eines: „Unser deutscher James Dean“, sagt einer. Hunderte sind gekommen, um sich von ihrem Jugendidol zu verabschieden, dem Halbstarken, dem Rebellen. Während sie auf den Stufen der Gedächtniskirche Erinnerungen austauschen, laufen die Prominenten durch die Menschengasse. Unkommentiert bleibt hier niemand. „Ach, nee guck mal, der Ilja Richter! Den gibt’s auch noch!“, freut sich einer und: „Der! Der spielt doch immer den Schurken!“ Als die Witwe und ihre Tochter – eine Sikh – vor lauter Fotografen kaum in die Kirche kommen, grummelt die Menge. „Nee, das is’ jetzt nicht in Ordnung.“

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