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Berlin: Unter Freunden

Geburtstagsempfang für Wolf Jobst Siedler

Die besten Laudationes sind solche, die einen kleinen Widerhaken mit sich führen. Also wünschte Richard Schröder, Theologe und Publizist, Wolf Jobst Siedler beim Empfang zu dessen 80. Geburtstag, dass die Bedenken gegen den Gang der Dinge, die dieser mit so viel Glanz vorträgt, noch oft enttäuscht werden mögen. Hat sich nicht vieles erfüllt, seinen schönen Abgesängen zum Trotz? Deutschland wieder vereinigt, „neues Leben aus den Ruinen“ in vielen Städten Ostdeutschlands und das Berliner Stadtschloss auf dem Wege?

Was zu Siedler zu sagen ist, war ohnedies bis dahin schon gesagt worden. Klaus Eck hatte für die Bertelsmann-Verlagsgruppe die 25 Jahre gewürdigt, die der Siedler-Verlag zu diesem Unternehmen gehört, das mittlerweile den Namen Random House trägt. Thomas Rathnow, der seit 2004 den Siedler-Verlag leitet, demonstrierte, wie weit er bereits in dessen Geist und Innenleben eingedrungen ist. Der Beschwörer des genius loci Berlins lobte den Ort des Empfangs mit der Anschrift Unter den Linden 1. Erstens, weil das immer noch vor Neusein strahlende Haus auf historischem Boden steht: bis 1945 Sitz des Stadtkommandanten, also auch von Paul von Hase, Mitverschwörer des 20. Juli 1944 und deshalb hingerichtet, dann kurz noch von Himmler okkupiert. Und zweitens, weil Siedler den Konzern gedrängt hat, hier seine Repräsentanz zu errichten.

Und die rund 400 Gäste, die der Einladung gefolgt waren? Sie führten, alles in allem, den Beweis, dass es in Berlin doch etwas gibt, was alle sonst zu vermissen scheinen, nämlich eine Gesellschaft. Oder doch zumindest ein Biotop von Bekanntschaften, Sympathien und Anhänglichkeiten – etwas Bildungsbürgertum, etwas Wissenschaft, altes (West-)Berlin und neues Berlin. Er hoffe, sagte der Jubilar, leicht kokettierend, dass sich unter den Gästen einige fänden, die er Freunde nennen dürfe. Die Wette gilt, dass da keiner war, der sich nicht angesprochen fühlte. Rdh.

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