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Ein Betonmisch-Fahrzeug steht an der Bundesallee in Berlin-Wilmersdorf, wo eine Radfahrerin  bei dem Verkehrsunfall mit einem Lastwagen lebensgefährlich verletzt wurde.

© Foto: dpa/Paul Zinken

Update

Radlerin in Berlin lebensgefährlich verletzt: Lkw-Fahrer mit Messer angegriffen – Feuerwehr steht wegen Klima-Blockaden im Stau fest

Eine Radfahrerin wird unter einem Betonmischer eingeklemmt. Ein Unbekannter attackiert den Fahrer. Klimaproteste bremsen Einsatzkräfte mit Spezialtechnik aus.

| Update:

Ein Betonmischer überrollt eine Radfahrerin. Sie wird lebensgefährlich verletzt. Danach erhebt die Feuerwehr schwere Vorwürfe gegen die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“.

Der Unfall passierte um kurz vor halb neun auf der Bundesallee zwischen der Nachodstraße und der Spichernstraße. Die Frau wurde laut Feuerwehr unter dem schweren Betonmischer eingeklemmt. Ein spezielles Bergefahrzeug wurde angefordert, mit dem man schwere Lasten heben kann.

Doch dieses stand auf dem Weg zur Unfallstelle auf der A100 an der Rudolf-Wissell-Brücke im Stau. Dafür gab die Feuerwehr den Klimaaktivisten die Schuld. Diese hatten sich erneut bei Zu- und Abfahrten nahe des Dreiecks Funkturm an die Fahrbahn geklebt. Die Rettung der Frau habe sich dadurch verzögert, sagte ein Sprecher der Feuerwehr. Man habe an der Unfallstelle improvisieren müssen. 

Nach Angaben der Polizei wurde auch der Lkw-Fahrer verletzt: Der 64-Jährige sei von einer unbekannten Person mit einem Messer angegriffen worden, als er nach dem Unfall ausgestiegen sei, um nach der Radfahrerin zu schauen. Der Lkw-Fahrer habe eine Stichverletzung erlitten und sei ins Krankenhaus gekommen. Laut Zeugen habe es sich bei dem Täter um einen Mann gehandelt, sagte eine Polizeisprecherin.

Eine Radfahrerin wurde auf der Bundesallee unter einem Betonmischer eingeklemmt.
Eine Radfahrerin wurde auf der Bundesallee unter einem Betonmischer eingeklemmt.

© Foto: Jörn Hasselmann

Drei weitere Menschen seien betreut worden, schilderte der Feuerwehrsprecher weiter. Die Einsatzstelle wurde umfangreich abgesperrt.

Nach Angaben der Polizei war es auf der Bundesallee, Ecke Spichernstraße zu dem Unfall gekommen. Lkw und Radfahrerin seien beide in Richtung Bahnhof Zoo gefahren. Gegen 8.20 Uhr stieß der Lkw zwischen der Nachodstraße und der Spichernstraße mit der Frau zusammen. Sie stürzte und wurde von dem Laster überrollt. Ihr Zustand sei kritisch. Weitere Angaben zum Unfallopfer machte die Sprecherin nicht.

Feuerwehr: Einsatzkräfte standen wegen Blockaden im Stau

Nach Angaben eines Feuerwehrsprechers trafen Einsatzkräfte wegen Protesten von Klimademonstranten verspätet am Unfallort ein. Die Kollegen hätten mit einem sogenannten Rüstwagen mit Spezialtechnik, die etwa zum Anheben schwerer Lasten eingesetzt wird, eine „recht relevante Zeit“ im Stau auf der Stadtautobahn A100 gestanden, sagte Sprecher Rolf Erbe am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Die Rettung hat sich dadurch zeitlich verzögert.“

Nach Angaben des Sprechers sollte die Spezialtechnik bei der Bergung der lebensgefährlich verletzten Radfahrerin helfen. Da die Technik nicht zur Verfügung stand, habe man an der Unfallstelle improvisieren müssen, berichtete der Sprecher verärgert.

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Die Feuerwehr sei mit ihrem Hilfsfahrzeug auf der Rudolf-Wissell-Brücke in Charlottenburg in den Stau geraten, wie Erbe am Nachmittag dem Tagesspiegel bestätigte. Wie lange sich der Weg des Rüstwagens zum Unfallort dadurch verzögerte, lässt der Einsatzleiter aus rechtlichen Gründen offen. „Wir stehen jeden Tag im Stau“, sagte der Einsatzleiter, „aber diese Verzögerung wäre vermeidbar gewesen“.

„Es bestürzt uns, dass heute eine Radfahrerin von einem LKW verletzt wurde. Wir hoffen inständig, dass sich ihr Gesundheitszustand durch die Verspätung nicht verschlimmert hat”, teilte Carla Hinrichs, Sprecherin der „Letzten Generation“, am frühen Nachmittag mit. Die Letzte Generation achte bei Blockaden „sorgfältig auf das Einhalten von Rettungsgassen“.

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Man unterbreche den Alltag nicht leichtfertig, sagte Aimée van Baalen, ebenfalls Sprecherin der Gruppe, laut Mitteilung: „Wir haben uns für dieses Mittel des Protests entschieden, da alle zuvor gelagerten Mittel wie Demonstrationen und Petitionen nicht den notwendigen Erfolg gebracht haben.“ Sobald die Regierung erste Maßnahmen gegen den „drohenden Klimakollaps“ ergreife, werde man alle Protestaktionen sofort beenden, hieß es weiter.

Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Berlin, erklärte dazu am Montag: „Spätestens jetzt sollte man sich mal vom Märchen des harmlosen Protests verabschieden. Wer Verkehrswege blockiert, riskiert und behindert die Handlungsfähigkeit der Inneren Sicherheit und nimmt auch bewusst in Kauf, dass Menschen in Not länger auf Hilfe von Polizei und Feuerwehr warten müssen.“

Spätestens jetzt sollte man sich mal vom Märchen des harmlosen Protests verabschieden.

Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei Berlin

Bei solchen „Guerilla-Aktionen im Zeichen des Klimas“ würden die Folgen für das demokratische Zusammenleben nicht mitgedacht und fahrlässig mit der Gesundheit der Bevölkerung gespielt.

Auch Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) kritisierte die Aktionen erneut: „Es gibt keine Rechtfertigung dafür, das Leben anderer zu gefährden“, sagte sie. „Diese Blockierer:innen nehmen die Bevölkerung bewusst in Geiselhaft und die Gefahren in Kauf.“ Ob sie im Zusammenhang mit dem Unfall rechtlich eine Schuld treffe, bleibe durch die Justiz zu klären. Anders verhalte es sich bei der moralischen Frage.

CDU und AfD fordern härtere Strafen für Blockierer

Die Berliner CDU forderte am Montag ein härteres Vorgehen gegen die Klimademonstranten. „Nun ist eingetreten, wovor wir immer gewarnt haben. Das Leben einer jungen Frau steht auf dem Spiel, weil Klimachaoten die Berliner Straßen blockieren. Wenn Rettungskräfte nicht arbeiten können, weil dickköpfige Aktivisten die Allgemeinheit schädigen, ist Schluss“, sagte Frank Balzer, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.

Die Justiz müsse mit all ihren Möglichkeiten durchgreifen. „Hier muss das Strafmaß ausgeschöpft werden“, forderte Balzer.

Das zerstörte Fahrrad der verunglückten Frau.
Das zerstörte Fahrrad der verunglückten Frau.

© Foto: Jörn Hasselmann

Ähnlich äußerte sich die Berliner AfD: „In ihrem selbstgerechten Wahn gefährden die Klimaterroristen nicht zum ersten mal Menschenleben. Müssen erst Menschen sterben, damit Politik und Justiz mit der angemessenen Härte gegen diese Kriminellen vorgehen?“, fragte der Innenexperte der Berliner AfD-Fraktion, Karsten Woldeit. Er forderte die gesamte Gesellschaft auf, sich gegen die „tägliche Geiselnahme Zehntausender durch ein kleines Häuflein Verblendeter“ zu stellen.

Die Berliner FDP forderte eine zentrale Plattform, mit deren Hilfe Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit Klimaprotesten angemeldet werden können. „Für die Betroffenen der Klimakleber, die arbeitende Mitte unserer Stadt, muss es in Zukunft eine realistische und einfache Möglichkeit geben, ihren Schaden geltend zu machen“, sagte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja am Montag. „Deswegen wollen wir die Möglichkeit schaffen, die Forderungen zu bündeln und in ein einfacheres, geregeltes rechtsstaatliches Verfahren zu geben.“

Der FDP-Innenpolitiker Björn Jotzo ergänzte, wenn der Senat nicht Herr der Lage werde, könne er den Bürgern nicht noch zumuten, Zeit mit der gerichtlichen Durchsetzung von Forderungen zu verschwenden. „Der Senat muss unverzüglich eine zentrale Plattform bei der Berliner Innenverwaltung einrichten, auf der jeder Geschädigte seine Ansprüche schnell und unbürokratisch anmelden und Belege hochladen kann.“

Der Senat müsse die Forderungen dann gesammelt gegenüber den Straftäterinnen und Straftätern geltend machen, einklagen, vollstrecken und die Gelder an die Geschädigten auszahlen.

Berliner Grüne: Autobahnblockaden nicht zielführend

Werner Graf, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, sagte dem Tagesspiegel: „Der heutige Vorfall hat uns sehr getroffen. Wir wünschen den Verletzten und Angehörigen viel Kraft und baldige Genesung. Ihnen gilt unsere volle Anteilnahme.“

Politischer Protest sei laut Graf „elementarer Bestandteil einer gesunden Demokratie“. Dies gelte auch dann, wenn er für Dritte unbequem, anstrengend oder nervig sei. „Blockaden auf Autobahnen tragen aus unserer Sicht nicht dazu bei, gesellschaftliche Mehrheiten für den Klimaschutz zu erreichen“, erklärte Graf jedoch. „So oder so gilt: Jede Form des Protests muss ausschließen, dass dabei andere Menschen gefährdet werden. Rettungskräfte müssen schnell durchkommen.“

Polizei verhindert Klebe-Versuch von Klimademonstranten

Klimademonstranten hatten am Montagmorgen erneut an mehreren Stellen in Berlin mit Blockaden für Behinderungen im Verkehr gesorgt. So war die A100 in Höhe des Dreiecks Funkturm in Richtung Neukölln und die Überleitung zur A115 gesperrt, wie die Verkehrsinformationszentrale auf Twitter mitteilte, Fahrer und Fahrerinnen müssten mit etwa 35 Minuten Stau rechnen, hieß es.

Die Polizei bestätigte zwei Vorfälle auf der A100: Auf der Halenseebrücke seien zwei Menschen festgestellt worden, sagte eine Sprecherin. Auf der Abfahrt Tempelhofer Damm habe es zudem einen „Versuch des Festklebens“ gegeben.

Die Bundesallee wurde wegen des Unfalls nach Angaben der Verkehrsinformationszentrale (VIZ) in Richtung Kurfürstendamm zwischen Nachodstraße und Spichernstraße gesperrt. Die VIZ rief Autofahrer dazu auf, den Bereich weiträumig zu umfahren. Mehrere Buslinien, darunter der Ersatzverkehr der U9, wurden den Angaben zufolge umgeleitet. Die Ermittlungen zum Unfallhergang dauern an. (dpa/Tsp)

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