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Der Stuhl bleibt leer. In Steglitz hat Dirk Bachs Tod eine Lücke hinterlassen. Foto: dpa

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Berlin: Unter Schock

Ab Sonnabend sollte Dirk Bach im Schlossparktheater spielen Ersatz gibt es noch keinen. Chef Dieter Hallervorden fürchtet um sein Haus.

In der U–Bahn auf dem Weg nach Steglitz hängt es noch: Das Plakat, mit dem das Schlossparktheater für die Premiere von „Der kleine König Dezember“ am Sonnabend wirbt. Die wird nun nicht stattfinden. Dirk Bach ist tot, und Regisseur Lorenz Christian Köhler sowie Darsteller Matthias Freihof und Intendant Dieter Hallervorden ist der Schock von Montag noch deutlich anzusehen. Erst jetzt, einen Tag nach dem Feiertag, haben sie zur Pressekonferenz geladen. Denn natürlich will jeder wissen: Wie geht es weiter?

Matthias Freihof scheint am schwersten getroffen. Fünf Wochen hat er mit Dirk Bach geprobt, „bis wir abends völlig kaputt waren, aber glücklich kaputt.“ Jetzt stockt sein Redefluss: „Es ist nicht fassbar ... es tut unheimlich weh.“ Und erzählt, dass Bach zwar schrill und frech war, dass er aber aus der tiefsten Blödelei auch plötzlich zu großer Stille und Ernst finden konnte. In dem Zwei-Personen- Stück, das auf Kolumnen von Axel Hacke beruht, hätte Freihof den „großen Mann“ spielen sollen, der in seinem Bücherregal einen kleinen, dicken König findet und sich von diesem erklären lässt, dass in seinem Reich alles andersherum funktioniert: Die Menschen werden erwachsen geboren und mit der Zeit immer kleiner, ihr Kopf wird leer für die wirklich wichtigen Dinge, bis sie schließlich verschwinden – „und wer tot ist, wird ein Stern“. Der Spruch ist in den vergangenen Tagen rauf- und runterzitiert worden, Dirk Bach hätte ihn sagen sollen. Jetzt sind Kunst und Wirklichkeit auf die denkbar traurigste Weise zusammengefallen.

Dieter Hallervorden hat nicht viel Zeit zum Trauern. Oktober bis Dezember sind die wichtigsten, besucherstärksten Theatermonate. Das Stück war für fast 30 Abende eingeplant, wenn die nicht stattfinden, würde sich das Schlossparktheater „in seiner Existenz auf der Kippe“ befinden, wie Hallervorden sagt. Er spricht von „Genickbruch“. Das Theater versucht jetzt, zumindest für die Vorstellungen ab Ende Oktober jemanden zu finden, der Bachs Rolle spielt – nicht als Ersatz, aber als Übernahme, als Hommage. „Im Moment sind wir aber noch nicht in der Lage, mehr zu tun, als zu hoffen, dass sich jemand meldet, sagt Regisseur Köhler – etwa aus Bachs engstem Freundeskreis. Vor dem gleichen Problem steht übrigens auch die Gala „Künstler gegen Aids“ am 22. Oktober im Theater des Westens, die Bach mit Maren Kroymann moderieren sollte. „Wahrscheinlich wird sie es alleine machen“, sagt Jens Petersen von der Berliner Aids-Hilfe. Ob noch ein zweiter Moderator gefunden werden könne, sei unklar.

Hallervorden beendet die Pressekonferenz schon bald mit den Worten: „Dirk Bach hätte nicht gewollt, dass wir große Trauerworte schwingen und uns in Floskeln ergehen“. Draußen vor dem Theater: Blumen, Bilder und Abschiedsbriefe. Es hat begonnen zu regnen. Udo Badelt

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