zum Hauptinhalt
Vor allem Gewerbeimmobilien sollen für die Unterbringung von Flüchtlingen in Berlin beschlagnahmt werden können.

© Britta Pedersen/dpa

Unterkünfte für Flüchtlinge: Senat prüft Zugriff auf Immobilien

Eine Gesetzesänderung soll Behörden den Zutritt zu Gebäuden ermöglichen - auch ohne Einwilligung des Eigentümers. Damit soll die Unterbringung von Flüchtlingen beschleunigt werden.

Um den Zuzug von Flüchtlingen zu bewältigen, erwägt der Senat, Behörden Zugang zu Immobilien zu ermöglichen, auch ohne zuvor das Einverständnis von deren Eigentümern eingeholt zu haben. Dazu könnte das Berliner Polizeigesetz geändert werden. Dieses „Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz“ sieht ein so weitgehendes Zugriffsrecht bisher etwa zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben, zur Vorbeugung von Straftaten oder zum Kampf gegen Prostitution vor.

Künftig sollen Polizei oder „Ordnungsbehörden“ auch zur „Verhütung drohender Obdachlosigkeit Grundstücke, Gebäude oder Teile davon ohne Einwilligung des Inhabers betreten“ dürfen. In der vorgeschlagenen Gesetzesänderung heißt es weiter, dass auf diese Weise die „Prüfung der Geeignetheit zur Unterbringung von Flüchtlingen“ der betreffenden Immobilien ermöglicht werden soll.

Auch das Tempelhofer Feld ist wieder im Gespräch

Der Vorschlag ist eine von mehreren Maßnahmen, mit denen die Unterbringung von Flüchtlingen beschleunigt und vereinfacht werden sollen. Auch der Aufbau von temporären Unterkünften auf dem Tempelhofer Feld zählt dazu. Dazu erwägt der Senat ebenfalls das per Volksentscheid erlassene Gesetz, das jegliche Bauten auf der Freifläche verbietet, wieder zu ändern.

Aus Senatskreisen hieß es, dass alle Vorschläge sachlich diskutiert werden. Die Bezirke hätten teilweise Hemmungen, leerstehende Immobilien, die zur Unterbringung von Flüchtlingen geeignet sind, zu betreten, heißt es zur Begründung der Gesetzesänderung. Obwohl im Polizeigesetz ausdrücklich von „Wohnungen“ die Rede ist, ziele der Vorschlag zur Gesetzesänderung vor allem auf dringend benötigte größere Gewerbeimmobilien.

Eigentümer müssen nicht um ihre private Wohnung fürchten

Vor einigen Wochen hatte sich schon das Bezirksparlament Friedrichshain- Kreuzberg für eine Beschlagnahmung leerer Wohnungen in Notfällen ausgesprochen. „Sicherstellungen“ von Immobilien zur Unterbringung von Flüchtlingen hat es bereits gegeben, bisher aber laut Senatsverwaltung für Soziales immer nur in Abstimmung mit deren Eigentümern. Anschließend würden reguläre Mietverträge über deren Nutzung vereinbart, auch für die Zeit der Beschlagnahmung. Der Knackpunkt bei der nun verhandelten Gesetzesänderung besteht darin, dass der Zutritt auch ohne Zustimmung des Eigentümers möglich würde – bei nicht einvernehmlichen Beschlagnahmungen wäre das Voraussetzung.

Dem Vernehmen nach prüfen Juristen der Fachverwaltungen Gesetzesänderung und Alternativen dazu. In Senatskreisen heißt es ferner, auch ohne Gesetzesänderung sei eine Besichtigung von Immobilien ohne Zustimmung des Eigentümers möglich. Die Senatskanzlei äußerte sich bis Redaktionsschluss nicht.

Dass nun Immobilieneigentümer um ihre private Wohnung fürchten müssen, weist die Sozialverwaltung aber zurück. Senator Mario Czaja (CDU) bekräftigte, was er zur Erklärung der rechtlichen Lage bereits gesagt hatte: „Wir müssten zunächst alle landeseigenen Immobilien nutzen, bevor von privaten Eigentümern Wohnungen sichergestellt werden.“

Zur Startseite