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In die Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Hellersdorf ziehen jetzt nach und nach die Flüchtlinge ein.

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Update

Unterkunft für Asylbewerber in Berlin: Flüchtlinge ziehen mit Polizeischutz in Hellersdorf ein

Trotz wochenlangen Streits ziehen am Montag die ersten Flüchtlinge in die Unterkunft in Hellersdorf. Nach einem ruhigen Start, zeigten sich im Verlaufe des Tages einige Empörte.

Und dann geht alles ziemlich geräuschlos. Nach wochenlangem Streit um das Flüchtlingsheim in Hellersdorf sind am Montag die ersten Bewohner eingezogen. Drei, vier Polizeiwagen sichern das Gelände, doch Proteste von Anwohnern bleiben – zumindest tagsüber – aus. Es nieselt, aus den Fenstern in der Carola-Neher-Straße lehnen sich ein paar ältere Herren und erstaunlich junge Damen, murrend tun sie ein wenig Unmut kund, konkret wird kaum jemand. Ein paar Empörte treffen sich auf dem Fußweg in Sichtweite der Schule. „Was machen wir denn nun?“, fragt ein junger Mann, der aussieht wie Mitte 30, eigenem Bekunden zufolge aber zehn Jahre jünger ist. Seine weibliche Begleitung zieht ihren muskulösen Hund an der Leine von der Straße und sagt: „Nüscht. Da kannste nüscht machen.“

Zunächst sieht es also danach aus, als würde das zuständige Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) diese Woche ungestört mit der Belegung der zum Heim umgebauten Schule in der Carola-Neher-Straße fortfahren. Am Montag waren zunächst nur wenige Flüchtlinge angekommen. In den nächsten Monaten sollen 150, später womöglich weitere 200 folgen. Der Flüchtlingsrat warnte wegen der angespannten Situation vor einer weiteren Belegung des Hauses. Unter anderem hat die größtenteils anonym bleibende „Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf“ gegen das Heim mobil gemacht. Vor dem Haus hängen Wahlplakate der NPD, darauf steht: „Guten Heimflug“.

Von der NDP keine Spur - noch

An diesem Montag ist von der rechtsextremen Partei allerdings nichts zu sehen. Was nichts bedeuten muss, schließlich ist der Bezirk erst vor wenigen Wochen von angereisten Rechtsextremen aber auch der verbreiteten Ablehnung des Heims unter den Anwohnern überrascht worden. Im Juli hatte das Bezirksamt öffentlich sein Vorhaben erklären wollen, wohlgemerkt wenige Tage bevor es mit dem Umbau der Schule los ging: Wie berichtet kamen bis zu 1000 Menschen zu der Anwohnerversammlung, die Stimmung war gereizt. Die Polizei eskortierte stadtbekannte Rechtsextreme später zum U-Bahnhof. Für diesen Montagabend hat das Bezirksamt wieder zu einer Informationsveranstaltung für Anwohner eingeladen. Dazu waren diesmal persönliche Einladungen verschickt worden.

Schon für Mittwoch haben die Rechtspopulisten von Pro Deutschland eine Kundgebung gegen das Heim angekündigt. Die Initiative „Hellersdorf hilft Asylbewerbern“ will dagegen protestieren. Bereits gestern hatten sich linke Unterstützer der ankommenden Flüchtlinge am nahen U-Bahnhof Cottbusser Platz zu einer Kundgebung versammelt, um Flugblätter an Passanten und Berufspendler zu verteilen. Politiker der Linken und der Piraten waren dabei.

Viel zu tun in Hellersdorf

Die Empörten auf dem Fußweg vor der Schule können mit „diesen Linken“ nicht viel anfangen. „Nazis sind wir aber nicht, auch wenn das alle Zeitungen schreiben“, sagt eine Frau, eigener Auskunft zufolge allein erziehend. Und dann zählt sie auf, wann welcher Jugendclub, welche Sozialeinrichtung und welche Schule schließen musste. Sicher, in Hellersdorf gibt es viel zu tun, übermäßig viele Flüchtlinge leben in dem Bezirk derzeit aber nicht. Und die junge Mutter stellt sich mit Blick auf die Ex-Schule nach ein paar Minuten selbst die Frage: „Mein Gott, wie müssen sich die da drinnen jetzt vorkommen?“ Mit der Polizei und dem Wachschutz vor der Tür.

In Berlin leben gegenwärtig insgesamt knapp 6500 Flüchtlinge. Wegen des Krieges in Syrien und der Flucht vieler Roma vom Balkan steigen die Zahlen. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales sucht weitere Unterkünfte, die von den Bezirken oft nur widerwillig eingerichtet werden.

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