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UNTERM ADLER: UNTERM ADLER

Thorsten Metzner über Rührei-Kompressen und Petitionäre mit Sitzfleisch

Die Deutsche Bahn macht Unmögliches möglich: In einem Intercity lernte die Brandenburger FDP-Landtagsabgeordnete Linda Teuteberg eine ungewöhnliche Medizin kennen und schätzen. Die 29-Jährige war jüngst mit dem Europaausschuss von Brüssel heimwärts nach Potsdam unterwegs, als sie beim Umsteigen unglücklich stürzte und sich eine böse Prellung zuzog. Ein Mitreisender, ein freundlicher Arzt aus Köln, leistete Erste Hilfe. Freilich, da sich im Zug seltsamerweise kein Erste-Hilfe-Koffer, kein Eis-Pad fand, behalf er sich eben anders, erzählte Teuteberg. „Mit tiefgefrorenem Rührei aus dem Bordrestaurant.“ Und siehe da, es wirkte. Und dann unterzog der Rheinländer Teuteberg und die anderen Brandenburger Parlamentarier gleich noch einem politischen Praxistest, was die Zugfahrt trotz des Malheurs ungemein auflockerte. „Er wollte wissen, wie er seine Frau überzeugen könnte, nach Brandenburg zu ziehen, wenn er hier ein Jobangebot bekäme.“ Alle legten sich mächtig ins Zeug. „Er hat uns danach bescheinigt, gut für Brandenburg geworben zu haben.“

Eine aktuelle Statistik enthüllt es: Unter Brandenburgs Landtagsabgeordneten sind die Mitglieder des Petitionsausschusses die wahren Preußen. Kein anderer Ausschuss tagt nämlich so lange und so oft wie der, an den sich Bürger, Vereine, Unternehmen mit Beschwerden direkt wenden können. Selbst in den Parlamentsferien finden Sitzungen statt, um die 600 Anliegen jährlich zu schaffen. Seit der Landtagswahl im Herbst 2009 tagten die Petitions-Parlamentarier laut Statistik bereits exakt 1146 Minuten, was einsame Spitze ist: Der Hauptausschuss kam auf 390 Minuten, der Innenausschuss auf 485 Minuten, der Finanzausschuss auf 580 Minuten. Neuerdings veranstaltet der Petitionsausschuss auch noch jeweils vor Ort im Land Bürgersprechstunden, das nächste Mal im Frühsommer in der Lausitzstadt Forst. Es gab Skeptiker, die einen Flop prophezeiten, weil die Märker ja als eher träge gelten. Ein Irrtum. So brachte, wie Ausschusschef Thomas Domres (Linke) jüngst berichtete, der Ausschuss von der Sprechstunde in Prenzlau zig neue Petitionen mit. Nur dass die Sitzungen nun wohl noch länger dauern.

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