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Berlin: „Unterricht wird zu oft unterbrochen“

Winterferien sind bei Eltern und Lehrern umstritten. Ein Pro und Contra

Berlin tut sich schwer mit den Winterferien. Auch 14 Jahre nach ihrer Premiere in der wiedervereinigten Stadt im Februar 1993 haben sich noch längst nicht alle Lehrer und Eltern damit abgefunden, dass relativ kurz nach den Weihnachtsferien das Lernen schon wieder unterbrochen wird. Jetzt hat die Diskussion um die Belastung der Lehrkräfte und um den Prüfungsmarathon an den Oberschulen das Thema auf die Tagesordnung zurückgebracht. „Winterferien abschaffen“, lautet das klare Votum vom Verband der Oberstudiendirektoren. Es sei nicht gut für den schulischen Ablauf, wenn es zu viele Unterbrechungen gebe, begründet das der Vorsitzende Harald Mier.

Neuerlich angestoßen wurde die Debatte durch den Vorsitzenden der GEWSchulleitervereinigung Wolfgang Harnischfeger. Er hatte vergangene Woche im Tagesspiegel geäußert, dass zu einem intelligenten Schulmanagement die Abschaffung der Winterferien gehöre. Diese Äußerung fiel genau in den Schulanfang nach den Weihnachtsferien – als viele Eltern wieder erfuhren, wie schwierig es sein kann, die Kinder wieder in den Schulrhythmus zurückzuführen.

Diese Erfahrung machen auch viele Lehrer – allerdings längst nicht alle. Hört man sich etwa in den östlichen Bezirken um, ergibt sich ein ganz anderes Bild. „Viele Kollegen finden die Winterferien gut“, berichtet etwa Katrin Rausch, die kommissarische Leiterin der Friedrichshainer Georg-Werth-Realschule. Das sei aber nicht nur eine Gewöhnungssache, weil es die Winterferien zu DDR-Zeiten gegeben habe. So beobachtet Rausch, dass die Schüler nach zwei Wochen Weihnachtsferien „aggressiv“ wieder in der Schule auftauchten, weil sie offenbar die ganze Zeit ferngesehen hätten. Wenn die Weihnachtsferien auf Kosten der Winterferien noch länger dauerten, würden sich die Kinder ja noch länger langweilen.

„Grundsätzlich sind längere Unterrichtsblöcke besser“, meint der Pädagogische Koordinator des Tegeler Humboldt-Gymnasiums, Martin Reimann. „Zehn Wochen reiner Unterricht müssen her“, pflichtet ihm seine Kollegin Angelika Spring vom Gymnasium Steglitz bei. Zu viel Zeit gehe verloren, wenn das Lernen immer wieder unterbrochen werde, denn die Schule sei „ein Tanker“: Es dauere eben, bis er stoppen und dann wieder in Gang kommen könne. Dagegen sagte die Leiterin der Lichtenberger George-Orwell-Realschule, Dörte Wolter-Möhring, zehn Wochen Unterricht am Stück seien „eindeutig zu lang“.

Eine ähnliche Diskussion wurde schon einmal geführt – und zwar von 1985 bis 1993. Ursprünglich hatte die FDP die Winterferien gefordert, wofür sie von SPD und der damaligen AL heftig angegriffen wurde. Dies sei eine reine Besserverdiener- und Skifahrer-Diskussion. Die damalige CDU-Schulsenatorin HannaRenate Laurien förderte die FDP-Bestrebungen aber, so dass es 1990 schließlich im West-Teil einen ersten Probelauf gab – den die gerade an die Macht gekommen Grünen wieder stoppten. Dann aber errang CDU-Mann Jürgen Klemann das Schulressort und machte sich für die Winterferien stark, sodass sie 1993 schließlich in ganz Berlin eingeführt wurden.

Bundesweit aber haben sich die Winterferien nicht durchgesetzt. Es gibt sie nur in den neuen Ländern und Bayern. Im Jahr 2008 fallen sie in Berlin und Brandenburg übrigens nur ausnahmsweise aus, wegen des frühen Osterfestes.

Angesichts so vieler Meinungsunterschiede plädiert jetzt Lee Hielscher vom Vorstand der Landesschülervertretung dafür, die Sache nochmals zu prüfen. „Man sollte Experten befragen, um herauszufinden, in welchem Ferienrhythmus sich die Aufgaben der Lehrer und Schüler besser bewältigen lassen.“ Die Bildungsverwaltung hält sich raus. Sie will sich offenbar nicht den Mund verbrennen, solange es nicht unbedingt nötig ist.

Die Skiläufer unter Eltern und Lehrern sind weiterhin überwiegend für die Beibehaltung der Winterferien, weil es im Februar billiger als zu Weihnachten sei, Skiferien zu buchen – was ein Sprecher des TUI-Touristikkonzerns auf Anfrage auch bestätigt.

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