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Fingerzeig. Der damalige Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) und Senatsbaudirektorin Regula Lüscher im Jahr 2011 auf der Baustelle der Staatsoper.

© Sebastian Kahnert/dpa

Update

Untersuchungssauschuss in Berlin: Bei der Staatsoper will keiner Schuld gehabt haben

Wer trägt die Verantwortung für die immense Kostensteigerung auf der Staatsoper-Baustelle? Heute äußerte sich der Regierende Bürgermeister dazu.

Von Sabine Beikler

Die Aufarbeitung der Staatsoper-Affäre ging am Freitag in die nächste Runde: Nicht Baupfusch ist die Ursache für die Verdoppelung der geplanten Sanierungskosten der Staatsoper auf inzwischen 400 Millionen Euro. Diese Erkenntnis brachte die Sitzung des dazu eingesetzten Untersuchungsausschusses. „Da gibt es andere Baustellen, wo wir so was haben“, sagte der Regierende Bürgermeister, Kultursenator und frühere Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Ursache sei aber auch nicht die Bauverwaltung, sondern es seien andere Faktoren. Die in der Planungszeit zuständige Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) sagte ebenfalls aus.

Ihre Aussage war geprägt von Erinnerungslücken und dem wiederkehrenden Satz: „Ich kann mich nicht erinnern.“
Wie berichtet, haben sich die Kosten auf mehr als 400 Millionen Euro statt der ursprünglich bewilligten 239 Millionen erhöht, die Bauzeit verlängert sich von drei auf voraussichtlich sieben Jahre.

Seit Mai versucht der Ausschuss zu klären, wer die Anweisungen bei Planungs- und Bauänderungen gegeben hat und wer dafür verantwortlich war. Wolfgang Brauer, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses und Obmann der Linken, zog eine Zwischenbilanz. Mitarbeiter in der Verwaltung hätten davor gewarnt, dass weder Zeitplan noch Kostenschätzung eingehalten werden könnten. „Aber aus politischen Gründen wurde das ignoriert“, sagte Brauer. Der frühere Kultursenator und Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) habe Wünsche geäußert, die die Mitarbeiter durchaus als Druck verstanden hätten. Bislang sei „niemand aus dem Senat“ bereit, politische Verantwortung zu übernehmen.

Man verständige sich

Michael Müller erklärte im Ausschuss, er habe nach seinem Amtsantritt 2011 eine Bestandsaufnahme gemacht. Man habe das Jahr 2013 benötigt, um letztlich Termine und feststehende Kosten nennen zu können. Es seien „in der Rückschau“ viele Dinge zusammengekommen wie Nutzerinteressen, Finanzzusagen oder die Insolvenz der Haustechnik-Firma.. Müller betonte, dass all die Probleme nicht nur auf die Planungsphase zu schieben seien. Dennoch „hätte man sich für diese Phase mehr Zeit nehmen müssen“.

Ingeborg Junge-Reyer konnte sich an keine förmlichen Beschlussfassungen erinnern. „Man verständigte sich.“ An viele Entscheidungen konnte sich die frühere SPD-Senatoren nicht mehr erinnern. Aber Druck habe sie nicht verspürt noch selbst auf Mitarbeiter ausgeübt. Auf die Frage des Grünen-Politikers Oliver Schruoffeneger, ob es keine Anordnungen gab, sagte sie, man habe „was verabredet“. Wolfram Prieß von den Piraten sagte, offenbar habe Junge-Reyer keine fachliche Kompetenz gehabt, um Probleme zu bewältigen.

Auch Müller hätte die Probleme früher erkennen müssen. Schruoffeneger sprach von „organisierter Verantwortungslosigkeit“ im Senat. Niemand sei dafür verantwortlich, alles sei auf die Mitarbeiterebene geschoben worden. „Das ist hochgradig unglaubwürdig.“ Die Grünen-Kulturpolitikerin Sabine Bangert ergänzte, es habe eine „kollektive Verantwortungslosigkeit der Spitze" gegeben.

Widersprüchliche Äußerungen

Für Matthias Brauner (CDU) und Ülker Radziwill (SPD) hatte Müller das Projekt einer „intensiven Bestandsaufnahme“ unterzogen. Brauner sagte, dass Junge-Reyer "leider einige Gedächtnislücken" aufgewiesen habe. Radziwill sagte, sie könne nicht "in die Köpfe" von Zeugen schauen. Und außerdem werde im Ausschuss weiter geprüft, wie es zu dieser Kostensteigerung kommen konnte. Der frühere Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat bereits die Schuld am Kostendesaster von sich gewiesen.

Auffallend war bei dieser Zeugenvernehmung, dass die Opposition bei widersprüchlichen Äußerungen wenig nachhakte und ausweichende Antworten nicht allzu kritisch hinterfragte. Dieser "Zahmheit" könnte bei Grünen und Linken schon der Ausdruck nach einer Regierungsoption mit der SPD zugrunde liegen.

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