zum Hauptinhalt

Berlin: Unterwegs zu den merkwürdigen Zwergen

Als erster Weißer begegnet Schweinfurth in Afrika Pygmäen – und freundet sich sogar mit einem von ihnen an

Georg Schweinfurth bereitete sich schon als Schüler auf seine Lebensaufgabe vor: In seiner baltischen Heimat wanderte er bis zu 75 Kilometer täglich, mit wenig Nahrung, um seinen Körper für die Strapazen des Forscherlebens in Afrika abzuhärten. Seine Leidenschaft galt den Pflanzen, und als er erwachsen geworden war, machte er sich daran, seinen Plan zu verwirklichen: Er wollte von Ägypten aus, dem Nil folgend, möglichst weit in das unbekannte, noch von keinem Europäer betretene „Herz von Afrika“ vorstoßen.

Im Sommer 1868 begann er seinen Weg in den tiefen Süden. Zunächst geht es auf Barken den Nil hinauf bis nach Khartum, damals ein Zentrum des Sklaven- und Elfenbeinhandels, und weiter den Weißen Nil hinauf. Große Teile des Wegs legt Schweinfurth dann zu Fuß, in Karawanen mit bis zu 500 Mann, zurück; über 2000 Meilen sei er zu Fuß gelaufen, erinnert sich Schweinfurth in seinem Bericht über die zweieinhalbjährige Reise. Für den Botaniker gerät die erste Begegnung mit Papyrusbüschen zu einem „regelrechten Fest“. Immer wieder entfernt er sich von der Karawane, um alleine zu botanisieren – ein Verhalten, das bei seinen afrikanischen Begleitern Erstaunen auslöst. Die Niamniam, in deren Gebiet er viel Zeit verbringt, nennen ihn gar „Laubschlinger“ oder „Blattfresser“. Sie glauben, er ernähre sich von den Blättern – unter anderem weil er immer „so zufrieden von seinem Weidegang heimkehre“.

Schweinfurth beschreibt in seinem Reisebericht auch die Völker, die er trifft: ihre Kleidung, ihr Kunsthandwerk, ihre Lebensgewohnheiten. Er ist ein begabter Zeichner und fertigt, wann immer er kann, detaillierte Bilder an: vom Lippenschmuck der Lory-Frauen, Trommeln und Kriegsschmuck der Niamniam, von Mehl mahlenden Sklavinnen und Konzerten der Bongo. Im März 1870 erreicht er mit seiner Karawane den Fluss Uelle, jenen „rätselhaften, viel besprochenen Fluss“, dessen Verlauf und Fließrichtung noch unbekannt waren. Als erster Europäer überschreitet er damit die Nil-Kongo-Wasserscheide – und gelangt in das Gebiet der Monbutto. Dort hat sich die Kunde von dem merkwürdigen bleichen Fremden bereits verbreitet, und er wird zu einer Begegnung mit dem König der Monbutto, Munsa, geladen (siehe Reisebericht auf dieser Seite).

Ein Thema lässt Schweinfurth keine Ruhe: Immer wieder hat er seine nubischen Begleiter von merkwürdigen Zwergen sprechen hören, die man angeblich in dieser Gegend antreffen könne, Männchen, die nie über drei Fuß Höhe erreichten und geschickte Elefantenjäger seien. Und tatsächlich: Schweinfurth wird der erste Weiße sein, der Pygmäen sieht. Einen davon nimmt er sogar mit. Er fasst eine echte Zuneigung zu seinem Schützling, kann aber nicht verhindern, dass Nsewue im weiteren Verlauf der Reise an der Ruhr stirbt.

Auch nach seiner Rückkehr aus Zentralafrika wird Schweinfurth viel reisen und die Pflanzenwelt vor allem der arabischen Länder erforschen. 1888 zieht er nach Berlin und bewohnt in den Sommern ein Haus im Botanischen Garten, der damals noch in Schöneberg lag. Eine Professur wollte Schweinfurth übrigens sein Leben lang nicht annehmen: Jegliche feste Anstellung lasse den Forschergeist erlahmen, meinte er – dasselbe gelte für die Ehe.

29. Dezember 1836

Georg Schweinfurth wird in Riga geboren.

1856–1862

Studium in Heidelberg, München und Berlin.

1868–71

Forschungsreise in das Quellgebiet des Nils.

ab 1873

Weitere Reisen nach Nordafrika und Arabien.

19. September 1925

Schweinfurth stirbt

in Berlin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false