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Vier Ärztemanager hatten sich 2011 Übergangsgelder genehmigen lassen – es folgten juristische Auseinandersetzuungen.

© picture alliance / dpa

Gericht sieht keine Untreue: Freispruch für Ex-Funktionäre der Berliner KV

Das Berliner Landgericht findet keine Anhaltspunkte für Untreue-Vorwürfe gegen frühere KV-Vorstände. Der Begriff „Übergangsgeld“ sei vielgestaltig.

Die wegen Untreueverdachts angeklagten Ex-Funktionäre der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung (KV) sind freigesprochen worden. Die zuständige Kammer des Landgerichts erklärte, es seien in dem acht Jahre zurückliegenden Vorgang zwar Fehler gemacht worden, aber keine mit strafrechtlicher Konsequenz. Das Gericht kritisierte die Ermittlungen: „Wer hat was vorgeschlagen und aus welchen Motiven – es wurde nicht geklärt.“ Zuletzt hatte es aus Justizkreisen geheißen, den vier Ärzten drohten Freiheitsstrafen auf Bewährung.

Die Staatsanwaltschaft hatte auf Bewährung ausgesetzte Gefängnisstrafen zwischen einem Jahr und anderthalb Jahren sowie jeweils Geldstrafen von 10.000 Euro gefordert. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch für die drei Männer und eine Frau. Drei der Beschuldigten sollen der Anklage zufolge mit Hilfe des vierten Ex-Funktionärs zu Unrecht sogenannte Übergangsgelder in Höhe von jeweils 183.000 Euro bezogen haben, obwohl sie kein „Übergang“ bevorstand. Insgesamt soll der KV so ein Schaden in Höhe von 549.000 Euro entstanden sein. Bei drei Angeklagten handelte es sich um frühere hauptamtliche KV-Vorstände, der vierte Arzt war Vorsitzender des sogenannten Ärzteparlaments, der 40-köpfigen Vertreterversammlung (VV).

"Übergangsgeld" - ein vielgestaltiger Begriff

Der Begriff „Übergangsgeld“ sei vielgestaltig, hieß es nun im Urteil. „Es gab damals keine Regelung, wann es auszuzahlen ist.“ Der Auszahlung der Übergangsgelder sei zudem in zuständigen Ausschüssen zugestimmt worden. Die Affäre um die so genannten Übergangsboni begann 2011. Damals bestätigte die VV die drei Vorstände für eine zweite Legislaturperiode im Amt. In die VV werden Mediziner verschiedener Disziplinen gewählt wie Kandidaten verschiedener Parteien ins Abgeordnetenhaus. Grob vereinfacht unterstützten damals Dermatologen, Orthopäden und Augenärzte den Vorstand; viele Hausärzte sahen darin eine „Fachärzte-Seilschaft“.

Die gewonnene Wahl bedeutete für die drei Funktionäre 16.000 Euro Monatseinkommen. Verglichen mit KV-Vorständen anderer Bundesländer war das nicht viel. In den Jahren zuvor gestand die KV Berlin ihren Chefs noch je ein Jahresgehalt als Übergangsprämie zu, wenn sie nach ihrer Amtszeit wieder eine eigene Praxis leiten wollen. Der damals rot-rote Senat kürzte den Bonus auf sechs Monatsgehälter. Mit Hilfe des angeklagten VV-Vorsitzenden sicherten sich die drei Vorstände deshalb noch je ein 183.000- Euro-Jahresgehalt – obwohl sie im Amt blieben. Die Boni segnete eine VV-Mehrheit ab.

2016 wurden Funktionäre aus ihrem Amt gewählt

Es gab schon damals Juristen, die sagten, der Vorgang sei legal – und auch das Landgericht erkannte nun nicht auf Untreue. Zudem hatte sich die KV-Spitze rechtlich beraten lassen, der Senat hatte zunächst auch kein Veto eingelegt: Die KV ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, ihr müssen alle 9300 Berliner Praxisärzte angehören, die gesetzlich Versicherte versorgen. Die KV verwaltet die Honorare der Krankenkassen und regelt Standesrechtliches selbst: Der Staat greift nur bei groben Verstößen ein.

Als der 2011 neu ins Amt gewählte Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) das Geld zurück in den KV-Topf forderte, wehrten sich die Kassenärzte zivilrechtlich. Und weil der Vorstand aus einer Pauschale bezahlt wird, die jeder Praxisarzt an die KV entrichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft: Wurde durch das Auszahlen der Boni etwa KV-Vermögen veruntreut? Das Landessozialgericht gab Senator Czaja damals Recht. Der Vorstand verlor die Extra-Übergangsgelder. Und 2016 wurden die Funktionäre aus ihrem Amt gewählt. Doch strafbar war der Umgang mit dem KV-Geld nicht.

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