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Berlin: Unverschlüsselte Wahrheiten

Berlins Datenschutzbeauftragter rügt leichtfertigen Umgang der Ämter mit persönlichen Angaben

Auf unzulängliche Sicherheitsstandards der Senats und Bezirksverwaltungen hat der Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka hingewiesen. Dabei seien die Vorschriften schon seit vier Jahren verbindlich.

Bei der Vorstellung seines Jahresberichts 2002 teilte er am Mittwoch mit, dass drei Viertel der kontrollierten Stellen kein Sicherheitskonzept hätten und häufig personenbezogene Daten leichtfertig und unverschlüsselt nutzten. Der Hinweis der Verwaltungen auf fehlende Haushaltsmittel sei nicht akzeptabel oder ausreichend, „um die Vernachlässigung gesetzlicher Vorschriften zu rechtfertigen“. Der Tätigkeitsbericht umfasst rund 100 Fälle, die vom Datenschutzbeauftragten geprüft wurden. Eine Auswahl:

„Babyklappenmord“: Die erste genetische Reihenuntersuchung in Berlin im Zusammenhang mit dem „Babyklappenmord“ habe gezeigt, „dass die vorhandenen gesetzlichen Grundlagen Massen-DNA-Tests nicht rechtfertigen können“. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, die Tests würden zwangsweise erfolgen. Hier aber sei die Polizei „offenbar korrekt“ vorgegangen, sagte der Datenschutzbeauftragte.

NPD informiert: Beanstandet wird, dass die Polizei die Daten von NPD-Gegnern an die Partei übermittelte. Sie sollte prüfen, ob sie wegen Beschädigung von Wahlkampfplakaten einen Strafantrag gegen die Beschuldigten stellt. Die Polizei habe rechtswidrig gehandelt, nur die Staatsanwaltschaft hätte über die Daten-Weitergabe zu entscheiden.

Scheinehen-Warnung: Die „Warnmeldung“, die ein Standesamt wegen einer vermuteten Scheinehe an andere Ämter sandte, sei ohne Rechtsgrundlage erfolgt.

Kfz-Steuern: Kritisiert wird die Zulassungsstelle, der es beim Kfz-„Erstversteuerungsverfahren“ offenbar auf die Datensicherheit nicht ankomme. Seit Beginn 2003 würden Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, ohne ausreichende Risikoanalyse und Sicherheitskonzept verarbeitet.

Gesundheitswesen: Immer wieder sei ein sorgloser Umgang mit medizinischen Daten zu beobachten. Ein Arzt schickte beispielsweise ein Gutachten an ein Kreditinstitut mit ähnlicher Faxnummer, eine Krankenkasse übersandte dem Versicherten die Daten eines anderen, ein Krankenhaus schickte die Abrechnung ohne Zustimmung der Patienten an ein Inkassounternehmen.

Bankenskandal: Die Bürgerinitiative Bankenskandal hat nach Ansicht Garstkas rechtswidrig gehandelt, als sie die Namen von Fondszeichnern veröffentlichte.

Blaumacher: Die Jagd nach Blaumachern, die ein Fernsehsender mit einer Krankenkasse machte, sei rechtswidrig. Die Kasse habe Namen und Anschriften weitergegeben und damit das Sozialgeheimnis verletzt.

Fragebogen: Zur Persönlichkeitsanalyse sollten Mitarbeiter eines Unternehmens einen 70-Punkte-Fragebogen ausfüllen, mit Angaben auch zur persönlichen Partnerschaft. Vor derartigen Analysen könne nur gewarnt werden, sagte Garstka.C. v. L.

Der Jahresbericht im Internet:

www.datenschutz-berlin.de

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