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Unwetter

© ddp

Unwetter über Berlin: Gefährliche Flut

Volle Keller, gesperrte Autobahn, Stromausfälle, Blitzeinschläge: Das Unwetter in der letzten Nacht versetzte die Stadt in einen Ausnahmezustand.

In Todesangst geriet gestern früh eine 31-jährige Frau aus Rudow: Sie war während des nächtlichen Unwetters mit ihrem Auto in die S-Bahn-Unterführung Drakestraße in Lichterfelde gefahren. Um während des heftigen Regens durch die Fluten auf der Straße zu kommen, hatte sie noch einmal Gas gegeben, doch es half nichts. Das Auto blieb stecken. Die Fahrerin sah erschreckt,wie das Wasser um sie herum bedrohlich anstieg. Es gelang ihr, aus dem Wagen zu klettern und nach Auskunft der Polizei „ans rettende Ufer zu schwimmen“.

Es war einer der spektakulärsten der rund 580 Einsätze, die allein die Feuerwehr meldete. Noch am Nachmittag dauerten die letzten Aufräumarbeiten auf überfluteten Straßen und in beschädigten Häusern an. Über 400 Keller waren vollgelaufen. Der Dahlemer Hüttenweg, der in Höhe des Grunewaldsees eine Senke bildet, war gestern unpassierbar.

Überschwemmungen auf Straßen und in Häusern, umgestürzte Bäume, drei Blitzeinschläge und Stromausfälle: Das ist die Bilanz eines der heftigsten und niederschlagsreichsten Unwetter der letzten Jahre. Wegen eines Wasserschadens in einem Umspannwerk fiel für drei Stunden in Spandau bei rund 13 000 Haushalten und 1300 Gewerbetreibenden, darunter das Einkaufszentrum „Spandau Arcaden“, der Strom aus.

In der Nacht zum Sonnabend war die schwere Gewitterfront, die Meteorologen schon für den Abend zuvor angekündigt hatten, über die Stadt gezogen. Mit fast ununterbrochenen Blitzen und starken Regenfällen. Personen wurden nicht verletzt.

„Wasser, Wasser, Wasser“, kommentierte ein Sprecher der Feuerwehr die vorangegangene Nacht. Die Feuerwehr hatte nach heftigen Regenfällen und der wachsenden Zahl vollgelaufener Keller und Straßenüberflutungen um 1.24 Uhr den Ausnahmezustand ausgerufen und fast 1000 Einsatzkräfte alarmiert. Kurz zuvor war ein Blitz in eine Doppelhaushälfte am Wettelroder Weg in Marienfelde eingeschlagen und hatte 80 Quadratmeter Dachstuhl in Brand gesetzt. Die Feuerwehr löschte, bevor es zu größeren Schäden kam. Die Bewohner hatten das Haus rechtzeitig verlassen. Blitzeinschläge gab es auch an der Grünbergallee in Bohnsdorf – hier geriet die Wandverkleidung eines Gebäudes ins Schmoren – und am Bornhagenweg in Lichtenrade, wo ein Blechdach zerstört wurde und Wassermassen ins Haus flossen. Überflutet war auch die Stadtautobahn in Höhe der Knobelsdorffbrücke in Richtung Norden. Die Fahrbahn musste in der Nacht für eine Viertelstunde gesperrt werden. Auch der Rathenautunnel war vollgelaufen, ebenso der Sachsendamm in Höhe Naumannstraße. Dort war auch ein Baum umgestürzt. Von Beeinträchtigungen war das gesamte Stadtgebiet betroffen, teilte die Feuerwehr am Morgen mit. Bis 5 Uhr hatte sie bereits 450 „wetterbedingte Einsätze“ absolviert oder noch in Arbeit. Die Notrufleitungen waren zeitweise fast komplett ausgelastet. Auch im Alliierten-Museum an der Clayallee in Zehlendorf liefen Keller voll, und die sandigen Skultpuren des heute beginnenden Sandsation-Festivals am Hauptbahnhof mussten gestern den ganzen Tag über ausgebessert werden. Das Bundeskanzleramt in Sichtweite hatte sich über Nacht verfärbt, die Wassermassen hinterließen auf der Fassade fast ein schachbrettartiges Muster.

Um 6 Uhr war der Ausnahmezustand beendet. Die Gullys konnten die Regenmassen kaum aufnehmen. Es sollen in der Nacht und am gestrigen Morgen rund 29 Liter pro Quadratmeter, stellenweise sogar doppelt so viel gefallen sein. Dass noch viel Blütenblätter herumliegen und stellenweise den Abfluss blockieren, sei „ganz normal“, sagte ein Feuerwehrsprecher. Das dürfe nicht der Stadtreinigung angelastet werden. Nun könne auch der Sauerstoffgehalt der Gewässer abnehmen, aber derzeit sei noch kein Fischsterben zu bemerken.

Auch heute wird Regen erwartet. Die Prognosen sind aber freundlicher.

Christian van Lessen

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