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Urteil: Langjährige Haftstrafen für Mitglieder der XY-Bande

Im bislang größten Prozess gegen die organisierte Kriminalität in Ostdeutschland sind sechs Mitglieder der so genannten XY-Bande vom Landgericht Neuruppin zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden.

Neuruppin - Knapp 17 Monate nach Prozessauftakt befanden die Richter sechs von noch sieben Angeklagten unter anderem des bandenmäßigen Drogenhandels oder der Beihilfe dazu sowie des illegalen Glücksspiels für schuldig. Der Anklagepunkt der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung wurde fallen gelassen.

Der mutmaßliche Kopf der Bande, der Kaufmann und frühere Neuruppiner CDU-Stadtverordnete Olaf K., muss für zwölf Jahre ins Gefängnis. Er wurde zusätzlich noch wegen Bestechung und Vorteilsnahme belangt. Die beiden weiteren Rädelsführer Carsten O. und Jürgen D. wurden zu Gesamthaftstrafen von jeweils neun Jahren verurteilt. Drei weitere Angeklagte sollen Haftstrafen zwischen drei und acht Jahren verbüßen. Der 45-jährige Thomas B. wurde freigesprochen. Die Justiz behält zudem 76.000 Euro aus dem privaten Vermögen von K. sowie rund 829.000 Euro aus dem Bestand einer von mehreren Angeklagten geleiteten Firma ein.

Am 83. Verhandlungstag nahmen die Angeklagten die Urteilssprüche mit versteinerten Mienen auf. Bei dem 38-jährigen Olaf K. deutete ein heftiges Augenzucken die Anspannung des Angeklagten an. Sein damaliger mutmaßlicher Komplize Jürgen D. kaute auf einer Plastikkarte herum. Die zahlreichen im Publikum anwesenden Lebensgefährtinnen der Angeklagten reagierten teils mit lautem Stöhnen auf die Verkündung der Urteile.

Die 1. Große Strafkammer blieb mit dem Strafmaß zum Teil deutlich hinter den Forderungen der Staatsanwaltschaft zurück. Die Anklagebehörde hatte für Olaf K. 14 Jahre Gefängnis gefordert. Für Carsten O. und Jürgen D. hatte die Staatsanwaltschaft auf elf sowie elfeinhalb Jahre Haft plädiert. Die vier weiteren Angeklagten sollten zu Haftstrafen zwischen vier und achteinhalb Jahren verurteilt werden. Der Verteidiger von Olaf K. hatte dagegen eine Strafe für seinen Mandanten von deutlich unter zehn Jahren gefordert.

Verbindungen zu Politik und Polizei

Durch Kokainhandel in großem Stil sowie mit illegalem Glücksspiel soll die Bande seit 1999 hohe Geldbeträge erwirtschaftet und dabei auch Verbindungen in die Politik sowie zu Verwaltung und Polizei gehabt haben. Seit Prozessbeginn im Mai 2005 wurden zwei Verfahren bereits abgeschlossen. Die Angeklagten erhielten jeweils vierjährige Haftstrafen. Zudem wurden rund 140 Zeugen gehört.

Der Vorsitzende Richter Gert Wegner betonte bei der Urteilsverkündung, dass zahlreiche Anklagepunkte aus Mangel an Beweisen hätten fallen gelassen werden müssen. Er führte auch an, dass die kriminellen Machenschaften der Angeklagten in Neuruppin ein "offenes Geheimnis" gewesen seien und sie zahlreiche Sympathisanten in der Stadt gehabt hätten. Dies erinnere schon an "mafiöse Strukturen".

In dem Fall wurde bundesweit gegen über 100 Tatverdächtige ermittelt. Unter anderen wurden der Leiter des städtischen Grundstücksamtes sowie ein Polizist in diesem Zusammenhang zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die Fahnder gaben der Gruppe den Namen "XY-Bande", weil ihre Mitglieder auf den Nummernschildern ihrer Nobelkarossen nach dem Ortskennzeichen die Buchstabenfolge XY führten. (tso/ddp)

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