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Amerikanische Berufsdiplomaten wie Kent Logsdon bleiben drei Jahre an einem Standort.

© Mike Wolff

US-Botschaft in Berlin: Chef-Vermittler im Transatlantischen Verhältnis

Kent Logsdon führt derzeit die Geschäfte in der US-Vertretung. Den Ersatzbotschafter verbindet eine lange Geschichte mit Deutschland.

Gerade kommt Kent Logsdon von einem Meeting mit Spitzenmitarbeitern wichtiger Kongressabgeordneter. Und er hat mal wieder getan, was auf beiden Seiten des Atlantiks derzeit seine Hauptaufgabe ist: zu erklären, was die jeweils andere Seite bewegt und denkt. Was hat es mit dem Ausstieg aus der Atomenergie zu tun? Wie glauben die Deutschen, das Flüchtlingsproblem bewältigen zu können? Und was hatte es mit Angela Merkels berühmter Biergarten-Rede auf sich, in der sie ein Stück weit Abschied nahm von alten Verlässlichkeiten?

Deutschland ist ein wichtiger Job

Seitdem der frühere US-Botschafter mit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten seinen Posten räumen musste, ist der Chargé d’affaires ad interim vorübergehend zuständig für die Aufgaben eines Botschafters. Auch beim G-20-Gipfel in Hamburg ist er dabei. Schon zuvor hat der Berufsdiplomat den Botschafter als Gesandter vertreten. Bis Donald Trump seinen eigenen Botschafter schickt, muss Logsdon viel mehr reisen, Reden halten, Menschen treffen und erklären und informieren als früher.

Und wenn er ins Ausland reisen will, wie kürzlich zum Beispiel zur Trauerfeier für Helmut Kohl nach Straßburg, dann muss er sich in Washington ein „Okay“ dafür holen. Deutschland ist ein zu wichtiger Partner, als dass der höchste Diplomatenjob hier auch nur vorübergehend vakant sein könnte.

Hat der Präsident einen Kandidaten nominiert, wird er einer strengen Prüfung unterzogen. Erst wenn diese Hürde genommen ist, wird im Zielland vorgefühlt, ob der Kandidat akzeptiert wird. Liegt das sogenannte Agrément vor, wird der Name des beabsichtigten Kandidaten offiziell bekannt gegeben, und das Weiße Haus gibt seine Unterlagen zum Senat. Dort gibt es dann den sogenannten Confirmation Process, den Bestätigungsprozess. Es gibt einen Ausschuss für Auswärtige Beziehungen, der alles genau prüft, bevor die Reise losgehen kann.

Erster Halt: Buxtehude

Logsdon, der turnusgemäß noch ein gutes Jahr in Berlin bleibt, wird den neuen Botschafter dann einarbeiten. Seine Beziehung zu Deutschland ist alt und von glücklichen Momenten geprägt. Eine engagierte Deutschlehrerin damals in der High School in Pittsburgh organisierte einen Austausch mit einem Gymnasium in Buxtehude.

Dort konnte er nicht nur seine Sprachkenntnisse ausbauen, sondern fand in seinem Gastbruder auch einen Freund fürs Leben. Regelmäßig treffen sie sich zum Essen oder auch mal zum Fußballspiel. Die Frau des Gastbruders ist Wolfsburg-Fan. „Ich war froh, dass ich sie zu einem Hertha-Spiel gegen Wolfsburg mitnehmen konnte.“

Auf seinem ersten deutschen Posten 1988 in Stuttgart hat er auch seine spätere Ehefrau Michelle kennengelernt. Während des Reagan-Besuchs mit der „Tear down“-Rede war sie an der Botschaft in Ost-Berlin stationiert. Derzeit ist sie Kultur-Attaché in der Botschaft am Pariser Platz.

Ein typisches Diplomatenleben

Es war nicht leicht, immer geeignete Stellen zu finden, wo sie beide zusammenbleiben konnten, aber es gelang, zwischendurch auch immer mal wieder in Washington. Die 20-jährige Tochter Nora studiert heute in Virginia, der 15-jährige Sohn geht hier zur Schule. Nach Stationen unter anderem in Kasachstan, Pakistan, Georgien und der Ukraine ist dies sein siebter Posten.

Die letzten Botschafter wurden rasch zu Stars der Berliner Gesellschaft, standen im Mittelpunkt, wo immer sie auftraten. Auch Kent Logsdon ist omnipräsent, hält sich aber im Hintergrund. Beim israelischen Nationalfeiertag etwa steht er mit dem Chef der politischen Abteilung im hinteren Teil des Raumes zusammen. Nur bei der Party zum amerikanischen Unabhängigkeitstag musste er das Defilée der Ehrengäste abnehmen.

Stabile bilaterale Beziehungen

Seine guten Deutschkenntnisse helfen ihm zu erfahren, was die Leute hier denken. Das gilt es dann auf der anderen Seite des Atlantiks zu vermitteln. Die bilateralen Beziehungen sieht er trotz aller gegenwärtigen Turbulenzen sehr stabil. Die würden ja nicht nur von den Spitzen der Länder geprägt, sondern auch von Geschäftsleuten und den vielen Touristen aus beiden Ländern. Es habe schon etliche Telefonate zwischen der Kanzlerin und Trump gegeben, zwischen der Verteidigungsministerin und ihrem Amtskollegen sowieso.

Wenn er mit US-Abgeordneten spricht, versucht er zu erklären, was der Wahlkampf für eine Rolle spielt. Er glaubt, dass es gut ist, wenn wieder ein Botschafter im Amt ist. „Übergangszeiten sind aber normal.“ Auch früher seien sie nicht unbedingt leicht gewesen. Schöne Momente genießt er, etwa wenn er bei einem Besuch der alten Schule in Buxtehude vom Bürgermeister begrüßt wird. „Das hätte ich mir als Austauschschüler nicht träumen lassen.“

Lesen Sie ein Portrait über Richard Grenell, den möglichen neuen US-Botschafter in Berlin auf Seite 6

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