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Lieblingsplatz. Die Vielseitigkeit des Botschafterlebens hat Philip D. Murphy besonders genossen, die Begegnungen mit Menschen aus allen Bereichen, die Gespräche auf hohem Niveau und natürlich die Aussicht aufs Brandenburger Tor.

© Thilo Rückeis

US-Botschafter Murphy kehrt in die USA zurück: „Berlin bleibt immer in unseren Herzen“

Nach vier Jahren verlässt US-Botschafter Philip D. Murphy Berlin – kurz nach dem Besuch von Präsident Barack Obama im Juli. Ein Haus behält er aber hier. Und seine Kinder könnten in Deutschland studieren.

Herr Botschafter, wie sieht Ihre nächste Zukunft aus?

Es ist gängige Praxis, dass für jede Regierung neue Botschafter ausgesucht werden. Das gilt auch, wenn ein Präsident wiedergewählt wird. Deshalb werden wir Berlin nach vier Jahren verlassen. Wir freuen uns sehr auf den Besuch von Präsident Obama in drei Wochen. Das Programm wird bald bekanntgegeben. Am 6. Juli werden wir mit unseren vier Kindern und zwei Hunden in unser Haus in New Jersey zurückkehren. Jetzt wollen wir uns auf die verbleibenden Wochen konzentrieren. Deshalb haben wir uns bewusst entschlossen, noch keine Zukunftspläne zu schmieden, weder für die Kinder noch für uns. Nach der Rückkehr schlagen wir ein ganz neues Kapitel auf.

Werden Sie denn noch Kontakt zu Berlin behalten?

Als wir am Anfang die Reise nach Berlin planten, waren die Kinder nicht sonderlich begeistert. Inzwischen haben sie viele Freunde hier. Für alle Murphys gilt, dass die Freunde, die wir hier gefunden haben, immer einen ganz besonderen Platz in unseren Herzen haben werden. Schon vor zwei Jahren haben wir begonnen, uns nach einem Haus umzusehen. Inzwischen haben wir eines gefunden. Wenn die Kinder größer sind, sollen sie zurückkommen können, um zu studieren oder hier zu arbeiten. Unser öffentliches Leben endet allerdings mit der Amtszeit.

Wer wird denn Ihr Nachfolger?

Er ist noch nicht bekannt. Jim Melville, der Gesandte, wird in der Zwischenzeit als Chargé d’Affaires die Geschäfte der Botschaft leiten.

Und wie werden Sie Ihren Abschied feiern?

Unsere Abschiedstour beginnt am Mittwochabend in Potsdam. Sie wird uns in viele deutsche Städte wie Hannover und Leipzig führen. Wir wollen unseren persönlichen Abschied von Berlin im Olympiastadion feiern. Dieser Ort passt zu uns, da haben wir viel Zeit verbracht.

Ist Fußball ein diplomatisches Instrument geworden?

Das ist absolut der Fall. Sport im Allgemeinen ist schon wichtig. Fußball bringt die Menschen wirklich zusammen. Alle können spielen. Wir lieben Fußball. Hertha ist immer noch unsere Lieblingsmannschaft. Kann gut sein, dass wir Berlin in Hertha-T-Shirts verlassen werden.

Wie hat sich Berlin während Ihrer Amtszeit in den letzten vier Jahren verändert?

Berlin ist eine aufstrebende Weltstadt, und es wird weiter in diese Richtung gehen. Es ist eine große Kunstmetropole, ein Ort, wo Kunst auch entsteht. Künftig wird die Stadt mehr und mehr zu einem wichtigen Schauplatz für Technologie.

Was war die größte Herausforderung für einen Banker, das Amt des Botschafters zu übernehmen?

Ich war ja völlig neu im State Department und musste mich in viele Sachthemen wie die Nato erst einmal gründlich einarbeiten. Es gibt freilich Kernkompetenzen, die man in beiden Berufen braucht. Man knüpft Beziehungen, schafft Vertrauen, erkundet gemeinsames Terrain, und schaut, wie man das zum beiderseitigen Vorteil nutzen kann. Die größte Überraschung für mich war, dass Wirtschaftsthemen so wichtig sind.

Was war das Beste am Botschafterleben?

Vor allem die Vielfalt. Kein Tag ist wie der andere, jeden Tag beschäftigt man sich mit neuen Themen. Man führt Gespräche auf unglaublich hohem Niveau.

"Die Berliner, die sich mit Tränen in den Augen an die Luftbrücke erinnert haben, haben uns berührt."

Sie scheinen immer nach dem Motto der Clintons „Nehmt zwei zum Preis von einem“ aufgetreten zu sein.

Oh ja, meine Frau Tammy ist richtig gut in diesem Job. Sie hätte Botschafterin sein sollen. Sie ist das beste Geschäft, das die US-Regierung je gemacht hat.

Können Sie sich an besonders schreckliche Momente erinnern?

Wikileaks war zweifellos eine der peinlichsten Erfahrungen. Aber ich wusste gleich, da kommen wir durch. Am Ende hat uns diese Krise stärker gemacht. Wir sind dadurch näher aneinandergerückt. Man darf nicht vergessen, in einem Land wie Deutschland war das unangenehm und ärgerlich. In anderen Ländern hätte es tödlich sein können.

Welche Momente waren besonders schön?

Die Begegnungen mit allen noch lebenden Bundespräsidenten und Kanzlern waren fast freundschaftlich. Auch die Berliner, die sich mit Tränen in den Augen an die Luftbrücke erinnert haben, haben uns berührt. Deutsche Afghanistanveteranen zu treffen, war sehr bewegend. Bewusst haben wir aus allen Bereichen Menschen geladen. Genossen haben wir auch die Begegnungen mit tausenden Jugendlichen bei unseren Townhall Meetings.

Ihre Kinder sind darüber selber kleine Diplomaten geworden. Sie waren ja oft dabei.

Wir haben bewusst viel in unsere Residenz eingeladen. Egal ob Henry Kissinger oder Oliver Bierhoff zu Gast sind, die Kinder gehen souverän damit um und könnten auch selber Botschafter oder Politiker werden. Es war harte Arbeit für sie. Alle sprechen jetzt fließend Deutsch.

Kürzlich wurde Deutschland laut einer Studie zum beliebtesten Land der Welt ausgerufen. Können Sie das glauben?

Wenn es schon Amerika nicht sein konnte, dann Deutschland. Ich bin nicht überrascht, dies ist ein großartiger Ort zum Leben. Beim Finale der Champions League war die U-Bahn zum Stadion voller Deutscher, und alle haben sich unglaublich gut benommen. Echte Vorbilder.

Das Gespräch mit dem US-Botschafter führte Elisabeth Binder.

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