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Berlin: Vasic-Kinder: Richter vertagt Entscheidung

Anwalt der Familie wollte Aufenthaltsrecht erklagen

Der Richter, der so einen Fall noch nie erlebt hat, hat die Entscheidung mit einem Auflagenbeschluss vertagt. Es soll geklärt werden, ob die Mutter der vier Kinder wirklich nicht aufzufinden ist, er will deren Zeugnisse sehen und die Entscheidung der Härtefallkommission abwarten.

Im Verwaltungsgericht Moabit ging es gestern um das Schicksal der bosnischen Roma Dajana Vasic (16) und ihrer Geschwister Milan (14), Angelina (12) und Dusko (9). Die vier Kinder sollen – wie berichtet – abgeschoben werden, obwohl sie in Bosnien keine Verwandten mehr haben und ins Kinderheim müssten. Ihr Anwalt hatte beim Verwaltungsgericht ein Aufenthaltsrecht für die Kinder eingeklagt. Am Montag hatte die Ausländerbehörde lediglich erneut die Duldung um drei Monate verlängert.

Die Kinder saßen nebeneinander, wippten auf ihren Sitzen, hörten scheinbar unbeteiligt zu, wie über ihr Leben gesprochen wurde. Über die Eltern, die 1991 vor dem Jugoslawien-Krieg nach Berlin flüchteten. Über abgelehnte Asylanträge. Den Vater, der zurückging und die Scheidung einreichte. Die Mutter, die 2002 an einer schweren Schizophrenie erkrankte, die Stimmen hörte und einmal auf eine Lehrerin losging. Die mit Spritzen ruhig gestellt wurde. In einem Attest von damals steht: akute Suizidalität. Und trotzdem wurde Hanusa Vasic im Februar 2005 von der Polizei aus der Wohnung geholt, und am nächsten Tag hat man sie abgeschoben. Seitdem sei sie verschwunden, sagte Milos Sitz, der Großvater der Kinder und Schwiegervater der Mutter. Das letzte Lebenszeichen sei ein Fax, das ihre Landung in Sarajewo bestätigt. Vielleicht sei sie im Kosovo, aber dahin würde er seine Enkel – „Christen, wie wir alle hier“, sagte Sitz – nie lassen. Er hat eine Adoption für die vier Kinder beantragt. Er ist verzweifelt, er sagte, er sei schon ganz krank von den vielen Sorgen. Immer wieder wandte er sich direkt an Richter Ulrich Keßler, schimpfte auf die Mitarbeiter der Ausländerbehörde, die ihm gedroht hätten, jedes der Kinder einzeln abzuschieben. „Aber ich werde wach sein“, sagte Milos Sitz und zum Richter: „Retten Sie uns.“

Keßler verwies auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der den Schutz der Familie festschreibt. Der könne ein Grund sein für eine Aufenthaltserlaubnis. Keßler sagte, die Ausländerbehörde habe offenbar überhaupt nicht geprüft, ob ein Abschiebehindernis vorliege. Wann die Härtefallkommission entscheidet, ist noch nicht bekannt. Die nächste Sitzung ist am 17. August. ari

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