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Dirk Feuerberg (links) stellte im Innenausschuss seinen Untersuchungsbericht zur Berliner NSU-Affäre vor. Im Hintergrund: Frank Henkel.

© dpa

Verfassungsschutz-Krise: NSU-Ermittlungen: Opposition vermisst Aufklärungswillen

Der Bericht des NSU-Sonderermittlers stößt im Innenausschuss auf Kritik: Die Opposition nannte es ein "Gefälligkeitsgutachten". Trotz Ermittlungs-Pannen sah Oberstaatsanwalt Feuerberg den Vorwurf der Vertuschung widerlegt.

Kontrovers wurde am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses der Bericht des von Innensenator Frank Henkel (CDU) eingesetzten Sonderermittlers zu den Pannen im NSU-Komplex diskutiert. Die Oppositionsfraktionen Grüne, Linkspartei und Piraten kritisierten die an die Abgeordneten verteilten 88 Seiten als „Gefälligkeitsgutachten: Oberstaatsanwalt Dirk Feuerberg sei nicht unabhängig wie ein Richter. „Man lässt eine Sicherheitsbehörde nicht über sich selbst ermitteln“, sagte der grüne Innenpolitiker Benedikt Lux. Die Regierungsfraktionen SPD und CDU lobten den Bericht und warfen der Opposition vor, mit ihrer Ablehnung eine Diskussion über den Inhalt zu verhindern.

Tatsächlich zählt das Gutachten Feuerbergs zahlreiche Fehler bei Polizei und Verfassungsschutz auf. Letztlich hätten aber weder die Affäre um den NSU-nahen V-Mann Thomas S. noch die Vernichtung von Akten beim Verfassungsschutz gravierende Folgen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden gehabt. Bekanntlich hatte der Spitzel Thomas S. im Jahr 2002 Informationen über die Terrorgruppe geliefert, die später als NSU bekannt wurde. Die Morde der NSU – so das Fazit – hätten nicht verhindert werden können. „Der Vorwurf der Vertuschung oder fehlender Bereitschaft zur Weitergabe von Informationen konnte vollständig widerlegt werden“, hieß es in einer Mitteilung von SPD und CDU. Die beim Verfassungsschutz vernichteten Akten hätten vermutlich keinen Bezug zum NSU gehabt. Innensenator Frank Henkel kündigte an, die von Feuerberg genannten Verbesserungsvorschläge zu prüfen, einige seien bereits umgesetzt.

So ist der Aktenlagerraum im Verfassungsschutz jetzt wirklich abgeschlossen – im Juli 2012 wurde dort der Schließzylinder ausgetauscht. „Zuvor hatte faktisch jeder Mitarbeiter der Behörde dort Zutritt“, heißt es in dem Feuerberg-Bericht. Neben brisanten Akten seien dort „Gerümpel“ und die „Weihnachtsdekoration“ der Behörde gelagert worden. Zudem seien die Angaben der von Feuerberg befragten Mitarbeiter, welche Akten wo und wie in dem Raum gelagert wurden, äußerst widersprüchlich. Feuerberg bezeichnete dies als „bemerkenswert“.

Der kommissarische Leiter des Verfassungsschutzes, Bernd Palenda, berichtete, dass es gelungen sei, die fehlenden Akten zu einem Teil zu rekonstruieren. Es seien alle Bundesländer und der Bund gebeten worden, mit ihren Unterlagen auszuhelfen.

Der Pirat Lauer fragte, ob sicher sei, dass die fehlenden Akten wirklich vernichtet wurden oder möglicherweise entwendet. Wie Feuerberg im Ausschuss sagte, spricht alles für ein versehentliches Vernichten der Akten. Der SPD-Abgeordnete Frank Zimmermann wies auf weitere wichtige Fehler hin, die im Feuerberg-Bericht stehen: So hätte der Spitzel Thomas S. angesichts seiner zuvor begangenen Straftaten vom Landeskriminalamt nicht angeworben werden dürfen. Und dann hätte sich das LKA wegen weiterer Straftaten schneller von ihm trennen müssen. Zudem habe es prinzipielle Mängel bei der Polizei in der Führung der V-Leute gegeben.

Die grüne Abgeordnete Clara Herrmann zeigte sich enttäuscht über den Aufklärungswillen der Innenverwaltung: „So viele grauenhafte Fehler, und dennoch ist keiner schuld.“ Udo Wolf von der Linkspartei nannte das Fazit, dass im Großen und Ganzen korrekt gearbeitet worden sei, angesichts der Taten des NSU „politisch verheerend“. Innensenator Frank Henkel warf Grünen und Linkspartei vor, den Verfassungsschutz prinzipiell abzulehnen und deshalb nicht an Verbesserungen interessiert zu sein.

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