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Berlin: Vergleich geplatzt

Baufirma hinter dem Funkhausdeal will nicht zahlen, sondern fordert noch Geld von der Verwaltung

Der Skandal um den Billigverkauf des DDR-Funkhausgeländes in Köpenick ist um eine Episode reicher. Die „Bau und Praktik GmbH“ hat den Anfang Januar ausgehandelten juristischen Vergleich zur Rückzahlung der von der Verwaltung vorgeschossenen Betriebskosten platzen lassen. Vereinbart war, dass die Baufirma bis zum 18. Januar 260 000 Euro überweist und die öffentliche Hand dafür auf den Rest ihrer Forderung über insgesamt 528 000 Euro verzichtet. Die Summe basiert auf Betriebskosten, die die verantwortliche Sachsen-Anhalter Immobiliengesellschaft „Limsa“ nach dem Verkauf an die Baufirma monatelang weiter gezahlt hatte, um die Versorgung des riesigen, teilweise vermieteten Geländes am Spreeufer zu sichern.

Der Anwalt der „Bau und Praktik“, Dirk Streifler, bestätigte gestern, dass er „auf Anweisung meiner Mandanten den Vergleich widerrufen“ habe. Seine Begründung: „Unterm Strich müssten wir sogar noch Geld wiederkriegen, statt welches zu bezahlen.“ Diese Prognose erklärt der Jurist zum einen damit, dass die Forderung über 528 000 Euro völlig überhöht sei, da die Limsa absurd hohe Betriebskosten gezahlt habe, wozu sie obendrein nicht verpflichtet gewesen wäre. Zum anderen muss laut Streifler der ursprüngliche Kaufpreis von 350 000 Euro noch halbiert werden, weil eine alte Eintragung im Grundbuch nicht binnen einer damals vereinbarten Dreimonatsfrist gelöscht worden sei. Der frühere Limsa- Chef Hans-Erich Gerst, der zwischenzeitlich gefeuert und kürzlich wieder eingestellt wurde, bestreitet dieses Versäumnis. Das Magdeburger Finanzministerium als Fachaufsicht der Limsa war gestern auch auf mehrfache Nachfragen hin nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Die Nachrichtenagentur ddp berichtete gestern von einem Gläubiger der „Bau und Praktik“, dem der Gerichtsvollzieher mitgeteilt habe, dass das Unternehmen „de facto nicht mehr existiert“. Der jetzige Alleingesellschafter und Geschäftsführer Felix Kuschner wird laut der Agentur seit drei Monaten mit Haftbefehl gesucht, um einen Offenbarungseid im Zusammenhang mit seinen persönlichen Schulden zu erzwingen. Der frühere Geschäftsführer Frank Thiele, der den neuen Ländern und Berlin das Funkhausgelände an der Nalepastraße zum Spottpreis abgekauft und einen Teil anschließend mit Millionengewinn wieder abgestoßen hatte, hat nach eigener Aussage nichts mehr mit der Firma zu tun.

Die Grünen forderten gestern den Senat auf, ein in Auftrag gegebenes Gutachten zur möglichen Rückabwicklung des Deals jetzt vorzulegen. Nach Auskunft der Finanzverwaltung ist die Expertise aber noch in Arbeit. Auch wollen Berlin und die anderen neuen Eigentümer zunächst intern über Konsequenzen beraten und das Gutachten erst später öffentlich vorlegen. Nach Tagesspiegel-Informationen stehen die Chancen auf eine Rückabwicklung schlecht.

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