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Berlin: Verhängnisvolle Beziehung Versicherungsvertreter wegen Mordes an angeblicher Geliebten vor Gericht

Zufrieden wirkte Dagmar E., als ihre Kinder das letzte Mal mit ihr zusammensaßen.

Zufrieden wirkte Dagmar E., als ihre Kinder das letzte Mal mit ihr zusammensaßen. „Viel fröhlicher als sonst“, erinnerte sich einer ihrer Söhne. Vielleicht hing das mit einem Geheimnis zusammen, mit einem Verhältnis, über das sich die 56-jährige Frührentnerin still freute. Die Beziehung – wie auch immer sie geartet war – endete jedoch tödlich. Versicherungsvertreter Hans-Dieter V. schlug auf die Frau ein und drückte ihr schließlich die Bettdecke aufs Gesicht. Seit gestern muss er sich wegen Mordes vor dem Berliner Landgericht verantworten.

In der Anklage heißt es, V. habe seit längerer Zeit ein intimes Verhältnis zu Dagmar E. unterhalten. In einem Streit in ihrer Wohnung in Pankow soll die Frau gedroht haben, seiner Lebensgefährtin reinen Wein einzuschenken, der anderen Frau zu stecken, was er wirklich für einer sei. Da soll der Vertreter sich entschlossen haben, seine angebliche Geliebte umzubringen. Von einem Mord aus niedrigen Beweggründen geht die Staatsanwaltschaft bislang aus.

Der 49-jährige Angeklagte, ein leicht untersetzter Mann mit grauem Haarkranz, hatte den Angriff am 4. Januar gegenüber der Polizei eingeräumt. Das war eine Woche nach der Tat. Da war er eigentlich als Zeuge geladen worden. Auch im Prozess räumte er die Tötung der Frau ein. Doch seine Schilderungen wichen ab vom dem, was die Staatsanwaltschaft als mutmaßliches Mordmotiv sieht.

Ein intimes Verhältnis mit Dagmar E. habe es nie gegeben, hieß es in einer Erklärung, die der Verteidiger verlas. Lediglich Freundschaft und der Abschluss mehrerer Versicherungsverträge hätten sie verbunden. Dagmar E. habe er vor Jahren kennen gelernt, als er beruflich unterwegs war. Hin und wieder hätten sie sich auf einen Kaffee getroffen. Er bat sie schließlich, ihm 1000 Euro zu leihen. „Ich bedankte mich telefonisch und am 4. Januar persönlich“, erklärte der Angeklagte.

Dagmar E. hatte bereits den Tisch im Wohnzimmer gedeckt, als der Versicherungsvertreter klingelte. Der Kaffee war gekocht, dazu gab es Kekse. Nachdem er zur Toilette gegangen sei, stand die Frau nach Version des Angeklagten plötzlich nackt vor ihm. „Ich war perplex und schockiert“, erklärte der Angeklagte. „Sie sagte, sie habe niemanden, ich solle mit ihr schlafen.“ Entrüstet will er abgelehnt haben. Da sei die Frau hysterisch geworden und habe gedroht, ihn bei seiner Lebensgefährtin als einen, der fremdgehe, anzuschwärzen. „Ich war wie von Sinnen und mit der Situation vollkommen überfordert“, sagte der Angeklagte. Da habe er zugeschlagen.

Hans-Dieter V. bat die drei Kinder der Frau, die als Nebenkläger mit im Gerichtssaal saßen, um Entschuldigung. Diese musterten den Mann, um den es Gerüchte gab. „Mutter machte manchmal versteckte Andeutungen über ein Verhältnis, wollte aber nicht darüber reden“, sagte die 30-jährige Tochter. Dass ihre Mutter, die an Epilepsie erkrankt war, hysterisch wurde, können sich die Kinder nicht vorstellen. „Sie war ein sehr ruhiger Mensch“, sagten sie. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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