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Die Neonazi-Demonstration zieht anlässlich des 31. Todestages von Rudolf Heß am 18. August 2018 an Gegendemonstranten vorbei.

© picture alliance/dpa

Verhandlung um Rudolf-Heß-Marsch 2018: Prozess um Anti-Nazi-Demonstrantin hat begonnen

Das "Berliner Bündnis gegen Rechts" erhebt Vorwürfe in einer Verhandlung um den Rudolf-Heß-Marsch 2018. Gab es übermäßige Gewalt durch Polizisten?

Am Donnerstag stand sie erstmals vor Gericht: Eine junge Frau, die vor knapp einem Jahr bei einer Gegendemonstration zum Neonazi-Aufmarsch anlässlich der Wiederkehr des Todestages von Rudolf Heß festgenommen worden war. Sie war von der Staatsanwaltschaft wegen Vermummung nach Paragraph 17a des Versammlungsgesetzes und Widerstand gegen die Staatsgewalt nach Paragraph 113 und 114 des Strafgesetzbuchs angeklagt worden. Zuvor hatte sie Einspruch gegen einen entsprechenden Bußgeldbescheid von 1500 Euro erhoben. Laut Aussage von einem Polizisten soll sie am 18. August 2018 an einer Sitzblockade an der Landsberger Allee/Ecke Matthiasstraße teilgenommen und sich vermummt haben.

Etwas später nahm sie der vor Gericht erschienene Polizist in der Nähe fest. Die Frau habe sich dabei ihm und Kollegen widersetzt, sodass die Beamten mit einem sogenannten „Nasen-Druck-Hebel“ reagiert hätten. Geklärt werden soll nun, ob sich die Demonstrantin tatsächlich gewehrt hat und das Verhalten der Beamten gerechtfertigt war.

Zur Verhandlung erschien ein Unterstützerkreis von etwa vierzig Personen, die die erstere Darstellung anzweifeln. Unter anderem waren Mitglieder des „Berliner Bündnis gegen Rechts“ im Gericht, die Kontakt zur Angeklagten halten. Sie werfen den Beamten vor, gegenüber der Demonstrantin übermäßig gewalttätig gewesen zu sein. Während der Festnahme, so das Bündnis, hätten die Beamten sie so stark verletzt, dass die Frau unter anderem Hämatome im Gesicht und eine gebrochene Nase erlitten habe. Ein Video, das während der Verhandlung abgespielt wurde, zeigt, wie zwei Polizisten die junge Frau ohne Vorwarnung von hinten zu Boden drücken. Danach reißt die Aufnahme ab, das Video ist an dieser Stelle geschnitten.

Um auf solche Gewalt aufmerksam zu machen, wolle man den Prozess fortführen, sagte ein Sprecher des Bündnisses dem Tagesspiegel. Denn kurz vor der Verhandlung war der Angeklagten noch von Seiten der Staatsanwaltschaft angeboten worden, die Klage einzustellen. Sie lehnte jedoch ab, da sie auf Freispruch plädierte. „Wir haben diesen Prozess erzwungen, also wollen wir ihn auch führen“, sagt der Sprecher des Bündnisses.

Verhandlung macht auf Gegendemonstration aufmerksam

Die Verhandlung, die nur wenige Wochen vor dem nächsten jährlichen Nazi-Aufmarsch stattfindet, bringe zudem Aufmerksamkeit für die Gegendemonstrationen. Im letzten Jahr hatten die Rechtsextremen ihre Route kurzfristig von Spandau nach Lichtenberg verlegt, um Gegendemonstranten abzuschütteln. In diesem Jahr will das Bündnis daher in verschiedenen Stadtteilen mobilisieren.

Neonazis begehen den Todestag des Nationalsozialisten Rudolf Heß am 18.8.1987 traditionell, oft unter dem Motto „Mord verjährt nicht“. Sie folgen damit der Verschwörungstheorie, nach der Heß ermordet worden sei. Tatsächlich beging er nach 41 Jahren im Kriegsverbrechergefängnis Spandau Suizid.

Da die Richterin noch weitere Zeugen anhören will, soll der Prozess am 1. August fortgesetzt werden.

Anima Müller

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