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Ob die Brandenburger SPD hier Wähler vermutet? Das Plakat am Görlitzer Park.

© Kai-Uwe Heinrich

Verirrtes Wahlplakat: Brandenburger SPD wirbt am Görlitzer Park um Stimmen

Ein desorientierter Aufsteller, ein Spaß oder gezielte Sabotage? Die Posse um ein Brandenburger Landtagswahlplakat in Kreuzberg gibt Rätsel auf.

Wahlen werfen ihre Schatten voraus, das ist nicht Neues. Da werden haufenweise Plakate aufgestellt und -gehängt, Bratwurst plus Bier verschenkt und es wird wild auf Marktplätzen herumkrakeelt. Es heißt schließlich Wahl-Kampf, da fallen schon auch mal die Grenzen des in der Regel eher gediegenen politischen Alltags. Grenzen überwand nun auch ein Wahlplakat der Brandenburger SPD - in dem Fall sogar Landesgrenzen.

Statt in Finster-, Lucken- oder einem anderen -walde der an Bäumen reichen Mark landete das Plakat mitten in Kreuzberg, am Görlitzer Park. Nun bieten sich angesichts der eher dürftigen Umfragewerte für die (noch) regierenden Sozialdemokraten einige, wenn auch gehässige, Erklärungsversuche an.

Der wohl plausibelste geht so: Weil den Genossen die Wähler nicht nur wegrennen, sondern sogar fahren - 2018 arbeiteten rund 215.600 Pendler aus Brandenburg in Berlin - fährt die Brandenburger SPD einfach mit. Am "Görli" wirbt sie mit ihrem Slogan "Ein Brandenburg" für sich selbst und die Werte Zusammenhalt, Gerechtigkeit, Fortschritt sowie Sicherheit. Letztere ist bekanntermaßen ein Feld, das rund um den Görlitzer Park besonderer Aufmerksamkeit bedarf.

Ganz schön gerissen eigentlich, liebe Genossen, chapeau! Einziges Manko: In der Zentrale des Landesverbandes konnte am Mittwoch niemand so ganz genau sagen, was es mit dem Plakat eigentlich auf sich hat. "Wir als Landesverband Brandenburg haben keine Plakatierung in Berlin in Auftrag gegeben", hieß es.

Nicht nur peinlich, sondern auch teuer

Und tatsächlich hatten sich keine weiteren Standorte eines von Brandenburg aus geführten exterritorialen Wahlkampfs in der Hauptstadt finden lassen. Die düpierten Genossen kündigten an, die Angelegenheit prüfen und das Plakat entfernen zu lassen.

Blöd nur: Das für die Genehmigung von Wahlplakaten auf öffentlichem Straßenland zuständige Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg war da schon längst in der Spur. Weil eine Genehmigung des Plakats weder beantragt noch erteilt worden war, hatte sich das hiesige Ordnungsamt der Sache angenommen. Im schlimmsten Fall ist die Aktion für die SPD also nicht nur peinlich, sondern auch teuer.

Aufgelöst wurde das Rätsel um den Fremdgänger am Donnerstagmorgen. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel erklärte Sebastian Harth, Geschäftsführer des von der SPD mit der Aufstellung der Großflächenplakate beauftragten Unternehmens Treger Wahlwerbung, es handele sich um einen Irrtum. "Die SPD hat uns keinen Auftrag für die Aufstellung von Plakaten in Berlin erteilt, sie trifft keine Schuld. Die Partei kann da überhaupt nichts für", erklärte Harth, der denn Fall selbst als "kurios" bezeichnet.

Ein Spaß auf Kosten der Partei?

Bleibt die Frage, wie das Plakat den Weg in die Hauptstadt und dann ausgerechnet an den Görlitzer Park fand? Harth sieht mehrere Möglichkeiten: Entweder - und das sei die unwahrscheinlichste aller Erklärungen - habe der Fahrer einen "Zahlendreher" in den Geodaten des von der SPD bestellten Standorts gehabt. Die gut 30 Minuten dauernde Fahrt von der Stadtgrenze bis nach Kreuzberg hätte er dann aber mit geschlossenen Augen absolvieren müssen.

Zweite Möglichkeit: Mitbewerber, politisch oder wirtschaftlich, hätten das Plakat aufgeladen und nach Kreuzberg gekarrt, um seinem Unternehmen und/oder der SPD zu schaden. Dritte Variante: "Aktivisten" haben sich einen Spaß gemacht - auch dieser geht am Ende auf Kosten des Unternehmens und der Partei.

Fakt ist: Seit dem frühen Donnerstagmorgen ist der Berlin-Wahlkampf der Brandenburger SPD passé. "Einer unserer Mitarbeiter hat das Plakat neutralisiert", erklärt Sebastian Harth und meint damit überklebt, um 8 Uhr war der Leim noch feucht.

Die Plakatfläche soll in den kommenden Tagen entfernt werden. Nach guter alter Kreuzberger Tradition wird dieses bis dahin ganz sicher eine neue Gestaltung erfahren haben. Mit dem Kampf, auch außerhalb von Wahlen, kennen sich die Bewohner des Bezirks schließlich aus.

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