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© dpa

Ausweg aus der Krise?: CDU will die S-Bahn mit einem Deal aufmöbeln

Die Berliner S-Bahn soll nach einem Plan der Opposition baldigst den Fuhrpark sanieren und dafür langfristige Planungssicherheit erhalten. Notfalls soll das Land auf Herausgabe der Züge klagen. Die zuständige Senatorin lehnt den Vorschlag ab.

Je länger sich die Nachverhandlungen des Verkehrsvertrages zwischen Senat und S-Bahn hinziehen, desto deutlicher wird allen Beteiligten: Die Misere der Bahntochter wird Berlin noch Jahre belasten. Selbst wenn die Wartungsmängel abgestellt sind, wird wegen der bruchgefährdeten Räder ständig ein Teil des ohnehin knappen Fuhrparks zur Kontrolle in der Werkstatt stehen. Deshalb hat der Jurist und Vizechef der Berliner CDU, Thomas Heilmann, ein Konzept entworfen, das er einen „Rückwärtsgang aus der Sackgasse“ nennt, der schon jetzt eingelegt werden soll und nicht erst 2017, wenn der Verkehrsvertrag zwischen dem Land und der Bahntochter regulär endet.

Im Kern sieht der Plan vor, die S-Bahn zur technischen Grundsanierung oder sogar zum sukzessiven Ersatz ihrer störanfälligen Flotte zu bewegen – und ihr im Gegenzug für diese riesige Investition langfristige Planungssicherheit, beispielsweise bis zum Jahr 2022, zu verschaffen. Damit der Konzern einen solchen „Sanierungsvertrag“ wirklich erfüllt, gehört auch eine Drohung zum Konzept: Falls die Bahn mauert, soll sie mit einer Klage gezwungen werden, ihren Fuhrpark später zum Zeitwert einem Konkurrenten zu überlassen. Der müsste sich dann zwar zunächst mit der übernommenen maroden S-Bahn-Flotte arrangieren, aber zumindest käme er rechtzeitig – und wegen der Mängel wohl auch relativ preisgünstig – an den Fuhrpark, den er für den Betrieb braucht. Für eine solche Klage gibt es bisher zwar keinen Präzedenzfall, aber in einem juristischen Gutachten kommt Heilmann zu dem Schluss, dass das Land diesen Prozess gewinnen würde.

Dass ausgerechnet die CDU als „Plan A“ dem Bahnkonzern sein Monopol sichern will, ergibt sich aus der Ausgangslage: Wegen der technischen Besonderheiten des Berliner S-Bahn-Systems müsste jeder Konkurrent vor dem Start eigene Wagen auftreiben. Eine Nachbestellung der jetzt eingesetzten 481er von Bombardier gilt wegen der bekannten Mängel als unrealistisch, so dass eine Neukonstruktion notwendig wäre. Die muss nicht nur mit einem dreistelligen Millionenbetrag vorfinanziert, sondern auch vom Eisenbahn-Bundesamt zugelassen werden. Zu diesem Risiko für jeden neuen Betreiber kommt ein weiteres: Bei der vom Senat geplanten Teilausschreibung des Rings und der Strecke nach Schöneweide würden die Züge des neuen Betreibers nach 2017 zwischen den – dann bereits rund 20 Jahre alten – Zügen der Bahntochter fahren. Wenn dann Probleme aufträten und die Kunden vergrault würden wie beim Chaos im vergangenen Jahr, träfe das zwangsläufig auch den neuen Konkurrenten. Insider zweifeln deshalb schon jetzt daran, dass bei einer Ausschreibung überhaupt irgendwer gegen die S-Bahn antreten will.

Die ebenfalls diskutierte Option, der BVG den Betrieb eines S-Bahn-Teilnetzes zu übertragen, fällt nach Auskunft von Heilmann aus rechtlichen Gründen aus: Als Berliner Monopolist dürfe die BVG ohne Ausschreibung nicht in Brandenburg fahren. Doch die meisten Endstationen der S-Bahn liegen im Umland.

In Gesprächen mit dem Bahn-Management hat Heilmann nach eigener Auskunft bereits dessen prinzipielle Bereitschaft zum Abschluss eines „Sanierungsvertrages“ vernommen. Bei der Bahn hieß es auf Nachfrage nur, man stehe für Gespräche mit dem Senat zur Verfügung und arbeite zurzeit in erster Linie „an der Erfüllung des Verkehrsvertrages“.

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) lehnt das CDU-Konzept strikt ab. „Die Vorschläge der Christdemokraten sind längst geprüft und überholt und helfen den Berlinern nicht, pünktlich zur Arbeit zu kommen", erklärte sie dem Tagesspiegel auf Nachfrage. „Wir wollen nicht länger von der Deutschen Bahn abhängig sein. Deshalb prüfen wir die Voraussetzungen für eine Bundesratsinitiative, die das Spezialfahrzeugmonopol der DB kippt." Schließlich führen längst auch andere Unternehmen auf den Schienen der Bahn.

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