zum Hauptinhalt
Bis Sonntag hatten sich bereits 1500 Nutzer auf der Seite registriert.

© Doris Spiekermann-Klaas

Club der Schwarzfahrer: Facebook-Nutzer warnen vor BVG-Kontrollen

"Schwarzfahren Berlin" heißt eine neue Seite bei Facebook. Darauf warnen BVG-Nutzer einander vor Kontrollen. Die Verkehrsbetriebe sehen das gelassen.

Die Polit-Rocker von Ton Steine Scherben haben es vorgemacht, damals Anfang der 70er Jahre. „Der Spaß ist zu teuer, von mir kriegste nüscht!“, sang ihr Frontmann Rio Reiser im Song „Mensch Meier“, seiner Hymne für die Schwarzfahrer dieser Stadt, Refrain: „Nee, nee, nee, eher brennt die BVG!“

40 Jahre später greift eine neue Generation den rebellischen Impetus auf – mit den technischen Mitteln des 21. Jahrhunderts. „Schwarzfahren Berlin“ heißt eine neue Seite beim Online-Netzwerk Facebook, auf der BVG-Benutzer einander darauf hinweisen, wo sie gerade eben Kontrolleure gesehen haben. Vorbild sind ähnliche Seiten in anderen Städten und Smartphone-Anwendungen wie „Schaffner Radar“, über die sich Benutzer des Android-Systems über aktuelle Kontrollen austauschen können.

Vergangene Woche ging „Schwarzfahren Berlin“ online (www.facebook.com/berlin.schwarzfahren), seitdem steigt die Zahl der Nutzer rapide. Am Sonntagnachmittag waren knapp 1500 Menschen registriert, fast jede Minute kamen neue Namen hinzu. „Zwischen Gesundbrunnen und Alex, Achtung Kontrolle ... Leider in zivil“, warnt ein junger Mann, der sich mit Foto und Namen zeigt und als Fan von Michael Jackson und Spider-Man zu erkennen gibt. „S7 Richtung Ahrensfelde, Mann und Frau“, warnt eine Blondine, die laut ihrer Facebook-Seite geschieden ist und in einer Anwaltskanzlei arbeitet. Ein Auszubildender, der sich auf seinem Facebook-Foto stolz oben ohne mit sonnengebräunter Brust präsentiert, warnt: „Ring 41: 7:45 bei Westkreuz. Der eine hat ne Brille, braune Lederjacke, normale Jeans. Der andere graue Jacke, normale Jeans und Umhängetasche.“

Wie oft auf derartigen Seiten, sind Information, Selbstdarstellung und launiges Geblödel kaum voneinander zu trennen. So wie bei einem Mann, der sich als Fan der Rolling Stones und von Pan Tau zu erkennen gibt. „Wenn man schwarzfährt – kann man dann auch umsteigen, oder muss man jedes Mal neu schwarzfahren?“, fragt er. Und bekommt sogleich die launige Antwort: „Jedes mal neu, und nachts, wenn’s draußen dunkel ist, fahren alle schwarz.“

Der Nutzwert derartiger Seiten ist allerdings gering, das sieht auch BVG-Sprecher Klaus Wazlak so: Wenn hier eine Kontrolle gemeldet wird, sind die Kontrolleure meist schon längst woanders im Einsatz. Was manche Menschen dazu treibt, trotzdem auf solchen Seiten ihre Kommentare abzugeben? Auf die Facebook-Nachfrage des Tagesspiegels blieben die sonst so mitteilungsfreudigen Nutzer von „Schwarzfahren Berlin“ bemerkenswert still. Vielleicht auch wegen des Schildes, das die Betreiber der Seite als Foto eingestellt haben: „Schwarzfahren ist eine Straftat“. Die BVG findet das Warnsystem allerdings gar nicht so schlimm: „Das kann auch abschreckende Wirkung haben“, sagt Sprecher Wazlak. Ähnlich wie bei Blitzerkontrollen auf den Straßen, auf die ja einst auch die Polizei hinwies. Ende der 90er Jahre hat auch die BVG im Radio mal zur Abschreckung Schwarzfahrerkontrollen angekündigt. Das brauche sie heute nicht mehr, sagt Wazlak – auch dank solcher Seiten wie jetzt der auf Facebook.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false