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© dpa

Nahverkehr: BVG profitiert vom S-Bahn-Chaos

Mehr Kameras, Fahrstühle und eine neue Ost-West-Verbindung: Nach Zugausfällen kommen vom Senat gekürzte Zuschüsse den Verkehrsbetrieben zugute.

Zusätzliche Kameras zur Videoüberwachung auf Bahnhöfen sowie in Bahnen und Bussen, mehr Aufzüge in den Stationen und eine schnellere Reparatur von Rolltreppen: Die BVG kann sich in den nächsten Jahren viele Wünsche erfüllen – dank der S-Bahn. Wegen der vielen Zugausfälle in diesem Jahr wird der Senat, wie berichtet, den Zuschuss an die S-Bahn nach vorläufigen Berechnungen der Finanz- und der Verkehrsverwaltung um 40 bis 50 Millionen Euro kürzen; die Grünen sind sogar auf 70 Millionen Euro gekommen. Exakt abgerechnet wird erst im nächsten Jahr.

Das eingesparte Geld darf nicht in den Landeshaushalt zurückfließen und dort Löcher stopfen. An die S-Bahn reicht der Senat nur sogenannte Regionalisierungsmittel des Bundes weiter, die ausschließlich für den Nahverkehr ausgegeben werden dürfen. Vorwiegend sollte mit diesem Geld nach der Bahnreform der Verkehr auf der Schiene finanziert werden. Aber auch für den Bau der U 5 zwischen Alexanderplatz und Hauptbahnhof hatte der Senat schon vor dem S-Bahn-Desaster Mittel aus diesem Topf abgezwackt.

Das der S-Bahn gestrichene Geld kann nach Angaben der Finanzverwaltung auch auf kommende Jahre übertragen werden; es muss nicht im Haushaltsjahr ausgegeben werden. Dazu wäre die BVG auch gar nicht in der Lage gewesen. Sie hat ihre Großprojekte für das nächste Jahr nach Angaben von Unternehmenssprecherin Petra Reetz schon weitgehend geplant und finanziert, weitere wären auf die Schnelle gar nicht zu stemmen. Die BVG bekommt bisher vom Senat jährlich 175 Millionen Euro, um ihre Infrastruktur zu erhalten und auszubauen sowie 75 Millionen Euro als Betriebszuschuss. Die S-Bahn sollte 232 Millionen Euro erhalten.

Nach einem Beschluss der SPD auf ihrem Landesparteitag am 10. Oktober sollten die frei werdenden S-Bahn-Mittel auch verwendet werden, um Bahnen und Busse häufiger fahren zu lassen oder Linien zu erweitern. Zudem sollten zusätzliche Regionalzug-Verbindungen bei der Bahn bestellt werden – etwa eine neue Ost-West-Linie von Lichtenberg über Gesundbrunnen und Jungfernheide nach Spandau.

Allerdings könnte die S-Bahn irgendwann auch wieder nach Fahrplan fahren und hätte dann Anspruch auf den vollen Zuschuss, sodass es kein Geld aus diesem Topf zum Verteilen gäbe. Das Zusatzangebot müsste dann eingestellt oder aus anderen Mitteln finanziert werden.

Der Verkehrsexperte der SPD, Christian Gaebler, würde das „S-Bahn-Geld“ lieber in die Sanierung der U-Bahn-Tunnel im Westteil der Stadt stecken. Diese Arbeiten sind dringend erforderlich und müssen vom Senat und der BVG finanziert werden. Im Ostteil gab es dagegen nach der Wende dafür Bundesgeld. Claudia Hämmerling, die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, hat vorgeschlagen, mit dem der S-Bahn abgezogenen Geld den Ausbau der Straßenbahn zu finanzieren. Auch hier muss der Senat das geplante Legen von Gleisen auf der Invalidenstraße zum Hauptbahnhof selbst finanzieren. Bundeszuschüsse gibt es nur, wenn für die Straßenbahn eine eigene Trasse gebaut wird, die nur von ihr und maximal noch von Einsatzfahrzeugen der Polizei, der Feuerwehr und des Rettungsdienstes genutzt werden kann. Auf der Invalidenstraße soll sich die Straßenbahn die Trasse jedoch mit den Autos teilen. Hämmerlings Vorschlag ist aber im Parlament bereits abgelehnt worden.

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