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S-Bahn

© ddp

Radbruch: Staatsanwalt ermittelt gegen S-Bahn

Erst brach ein Rad, doch die Züge rollten weiter: Der Skandal um die S-Bahn hat jetzt juristische Folgen. Bahnkunden haben Anzeige gegen die abgelöste Geschäftsführung erstattet. Derweil weitet sich das Chaos im Verkehr aus - und dauert wohl bis September.

Bei der S-Bahn hat am Dienstag das Chaos zugenommen – und jetzt ermittelt auch die Staatsanwaltschaft. Gegen die inzwischen abgelöste Geschäftsleitung seien rund ein Dutzend Anzeigen wegen des Verdachts auf einen gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr erstattet worden, sagte ein Justizsprecher. Nach dem Bruch eines Rades während einer Fahrt am 1. Mai, was einen Zug entgleisen ließ, hatte die damalige Geschäftsführung der Aufsichtsbehörde zugesichert, die Räder dieser Bauart alle sieben Tage in den Werkstätten kontrollieren zu lassen. Weil die S-Bahn sich aber nicht daran gehalten hatte, ließ das Eisenbahn-Bundesamt am vergangenen Montag rund 400 Wagen dieser Bauart über Nacht aus dem Verkehr ziehen. Seither herrscht Chaos im S-Bahn-Verkehr.

Immer mehr Züge fallen aus

Und die Zugausfälle und Verspätungen weiten sich aus. Ein Ende ist nicht abzusehen. Die Zahl der einsetzbaren Züge nehme von Tag zu Tag weiter ab, sagte ein Mitarbeiter. Selbst im Notfahrplan fehlten bereits wieder rund 60 Wagen. So fuhren auch gestern auf fast allen Linien die Züge nur alle 20 Minuten – auch auf der S 7 zwischen Ahrensfelde und Wannsee, wo es in den vergangenen Tagen meist wieder einen Zehn-Minuten-Verkehr gegeben hatte. Auch der Zehn-Minuten-Anschluss von Spandau ist passé, weil die Züge der S 9 vom Flughafen Schönefeld nur noch bis Charlottenburg fahren. Immerhin können die Fahrgäste zwischen Spandau und Charlottenburg nun wieder mit Regionalzügen fahren; die Sperrung des Abschnitts wegen Bauarbeiten ist aufgehoben. Eingestellt bleiben die S 45 (Flughafen Schönefeld–Hermannstraße) und die S 85 (Grünau(/Schöneweide)–Waidmannslust. Andere Linien wurden verkürzt.

Wie viele Züge derzeit in Betrieb sind, war bei der Bahn nicht zu erfahren. Stellungnahmen gab es nicht. Nach Angaben von Mitarbeitern sind inzwischen viele Abstellanlagen mit Zügen vollgestellt, die nicht mehr eingesetzt werden dürfen, weil die Sicherheitsvorschriften nicht erfüllt sind. Betroffen sind jetzt auch Bahnen, die keine Probleme mit den Rädern haben. Im Betrieb gehe alles nur noch „wild durcheinander“, sagen Mitarbeiter. Eine Koordination gebe es kaum noch.

Probleme bei Großveranstaltungen

Auch bei Großveranstaltungen fällt die S-Bahn als Zubringer weiter meist aus. Gäste der Stadt werden es zur Leichtathletik-Weltmeisterschaft vom 15. bis 23. August merken, aber auch die Besucher der Pyromusikale an diesem Wochenende auf dem Flughafen Tempelhof. Die S-Bahn und die BVG haben vereinbart, vor allem bei Großveranstaltungen enger zusammenzuarbeiten. Die BVG werde, wo es geht, mehr Fahrzeuge einsetzen, sagte BVG-Sprecher Klaus Wazlak. Außerdem habe man der S-Bahn drei Prüfgeräte für die Räder-Kontrolle überlassen.

Allerdings fehlen in den Werkstätten die Kapazitäten, weil die S-Bahn Anlagen geschlossen hat, um Kosten zu sparen. Zumindest das Werk in Friedrichsfelde müsse umgehend wieder geöffnet werden, fordert der Betriebsratsvorsitzende Heiner Wegner. Dort könnten dann wenigstens gleichzeitig an vier Zügen die Räder kontrolliert werden, was pro Zug etwa vier Stunden dauere. Eine Entscheidung hat die neue Leitung der S-Bahn aber noch nicht getroffen. „Wir schieben die Probleme weiter vor uns her“, resigniert Wegner. Wahrscheinlich noch monatelang.

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