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So könnte es einmal aussehen: Ein Terminal der Superlative.

© gmp architekten

Richtfest für das Terminal: Schönefeld: Schnell vom Zug zum Flug

Knapp 550 Tage vor der Eröffnung nimmt der Flughafen "Berlin Brandenburg Willy Brandt" langsam Formen an. In Schönefeld soll ein Verkehrsknoten der meist kurzen Wege entstehen – noch gibt es nur eine Riesenbaustelle.

Hier also sollen von heute an gerechnet in exakt 540 Tagen täglich in den Spitzenstunden bis zu 6500 Menschen die Sicherheitskontrollen passieren? Und dort werden dann 150 Geschäfte und Restaurants zum Einkaufen oder Einkehren locken? Gegenüber können Passagiere über insgesamt 16 Brücken auf kurzem Weg ins Flugzeug steigen und wenig später abheben? Wo es jetzt nur eine gähnende Leere oder bombastische Gerüste gibt? Wo nichts, aber auch gar nichts, den Eindruck vermittelt, dass hier ein Flughafengebäude entsteht, das zu den modernsten Terminals der Welt gehören wird? Die Planer sind optimistisch. Obwohl der Winter den Zeitplan durcheinandergebracht hat, soll am 30. Oktober 2011 aus der Vision Realität werden. Richtfest wird heute gefeiert.

Entstehen wird ein transparentes Gebäude mit viel Glas. Auf der Flugfeldseite sind die Scheiben bereits eingesetzt. Vom Vorfeld aus ist immerhin zu erahnen, dass hier ein Flughafenterminal entstehen könnte. Noch fehlen aber die Fluggastbrücken; lediglich die 16 Sockel sind betoniert. Einer ist besonders groß. Hier sollen später drei Brücken montiert werden können, um auch das derzeit größte Flugzeug der Welt, den doppelstöckigen Airbus A 380, abfertigen zu können.

Doch auch wenn auf der kommenden Luft- und Raumfahrtausstellung ILA vom 8. bis zum 13. Juni in diesem Jahr gleich drei verschiedene A 380 in Schönefeld landen und starten sollen, werden die „Riesenvögel“ auf dem neuen Flughafen noch nicht regelmäßig zu sehen sein. Vorläufig gibt es dafür keinen Bedarf; deshalb installiert die Flughafengesellschaft auch am großen Sockel zunächst eine herkömmliche Fluggastbrücke. Später könnte aber schnell – und kostengünstig – für den A 380 umgerüstet werden.

Auf der sogenannten Landseite zeigt sich der künftige Terminal dagegen noch als Großbaustelle ohne direkten Bezug zu einem Flughafen. Dass ein besonderer Bau entsteht, erkennt man jedoch am gewaltigen Dach, an dem noch geschweißt wird. Und an der fertigen Brückenkonstruktion der Straße, die an der ersten Etage des Gebäudes unter dem Dach vorbeiführt. Auf dieser Vorfahrt kommen die abfliegenden Passagiere per Auto oder Taxi an und erreichen hinter dem zentralen Eingang gleich die große Halle mit den 112 Check-In-Schaltern, die auf acht „Inseln“ verteilt sein werden, und der anschließenden Sicherheitskontrolle.

Busse halten nur in der unteren Ebene

Nicht ganz so bequem haben es die Fluggäste, die mit einem Linienbus zum Flughafen fahren. Die Busse werden nur in der unteren Ebene halten, am Ankunftsbereich. Zu Fuß oder per Rolltreppe oder Aufzug geht es dann nach oben in die Abflugebene.

Ursprünglich wollte die BVG ihre Busse auf beiden Ebenen stoppen lassen, und so die Wege für die Passagiere minimieren. Doch irgendwo haperte es mit den Absprachen; eine kurze Wendemöglichkeit für die Busse wurde nicht gebaut. Weil diese jetzt einen kilometerlangen Umweg fahren müssten, um zu beiden Ebenen zu gelangen, beschränkt sich die BVG auf einen Stopp. Immerhin können zumindest die Expressbusse direkt vor den Türen des Terminals stoppen; die anderen Busse halten in zweiter Spur, so dass die Fahrgäste hier noch die Straße überqueren müssen. Direkt vor dem Terminal stehen ansonsten die Taxis.

Besser haben es die Passagiere, die mit der Bahn zum Flughafen fahren. Der kürzeste Weg vom Zug zum Schalter beträgt lediglich rund 50 Meter – fast so kurz, wie jetzt im Idealfall in Tegel. Die Rechnung in Schönefeld geht allerdings nur auf, wenn der Passagier direkt vor einem der Aufzüge im Flughafenbahnhof den Zug verlässt.

Im internationalen Vergleich allerdings bleiben die Wege zwischen Bahnhof und Schalter auf jeden Fall kurz. Der Bahnhof liegt direkt unter der Haupthalle; was in Deutschland einmalig ist. Anders als bei den Bussen haben die Planer von Anfang an darauf geachtet, die Verbindung zwischen Flug und Zug zu optimieren. 636 Millionen Euro wird der komfortable Bahnanschluss des Flughafens kosten.

Entstanden ist ein Bahnhof mit zwei Bahnsteigen für den Fern- und Regionalverkehr, an denen auch die ICE-Züge halten könnten, sowie ein Bahnsteig für die S-Bahn, die alle zehn Minuten fahren wird. Die ersten Gleise sind gelegt; jetzt werden unter anderen die Fußbodenplatten auf den Bahnsteigen angebracht.

Eine Arbeit kann man sich im Bahnhof jedoch sparen: die Verkleidung der Pfeiler. Die Bauarbeiter der mittelständischen Arbeitsgemeinschaft Schälerbau Berlin, Berger Bau, Bleck & Söhne sowie der Ingenieurbau-Gesellschaft aus der Region haben es geschafft, die Pfeiler so zu betonieren, dass die Oberfläche fast völlig eben ist und wie poliert aussieht. Nacharbeiten sind überflüssig.

Allerdings ist immer noch unklar, wie oft Züge im schönen Bahnhof an den Fern- und Regionalbahnsteigen halten werden. Berlin will, dass der Airport-Express alle 20 Minuten zwischen Hauptbahnhof und Flughafen pendelt, Brandenburg dagegen hat bei der Bahn einen 30-Minuten-Takt bestellt, weil es sonst Nachteile im Regionalverkehr gäbe. Und ob je Fernzüge in den teuren Bahnhof fahren werden, hat die Deutsche Bahn auch noch nicht entschieden.

Der Pier ist stattliche 715 Meter lang

Kurz bleiben die Wege im Terminal schließlich auch für die Fluggäste, die mit Gesellschaften fliegen, die Wert auf besonderen Komfort legen. Der Abflugbereich für diese Passagiere im Hauptpier wird unmittelbar hinter dem Marktplatz mit seinen Geschäften und Restaurants erreicht. Der Pier ist allerdings stattliche 715 Meter lang. Von der in der Mitte angeordneten Haupthalle erkennt man bereits im Rohbau die Dimensionen. Wem der Weg ans Ende doch zu lang ist, kann ihn auf Laufbändern zurücklegen.

An den Hauptpier schließt sich im Norden und Süden je ein weiterer, 350 Meter langer, Riegel an. Im Südpier werden die Gates von Air Berlin sein. Die heimische Gesellschaft ist schon jetzt dabei, ein Drehkreuz in Berlin aufzubauen. Die Aktivitäten sollen auf dem künftigen Flughafen Berlin-Brandenburg „Willy Brandt“ verstärkt werden. Auch am Südpier gibt es Brücken vom Terminal zu den Flugzeugen; neun Anlage-„Finger“ sind geplant.

Der Nordpier ist den sogenannten Billigfliegern vorbehalten. Von dort werden die Passagiere zu den Flugzeugen gehen oder mit Bussen gefahren. Beide Piers sind im Rohbau so gut wie fertig, obwohl sie erst nachträglich in die Planungen aufgenommen worden waren. Ihr Bau war ursprünglich erst später vorgesehen.

Mit dem U-förmigen Terminal, das rund 600 Millionen Euro kosten soll, können zunächst 25 Millionen bis 27 Millionen Passagiere pro Jahr abgefertigt werden. In diesem Jahr erwartet man in Schönefeld und Tegel zusammen etwa 22 Millionen Fluggäste. Berlin liegt damit auf dem dritten Rang in Deutschland – hinter Frankfurt (Main) und München, aber vor Düsseldorf. Diese Position will Flughafenchef Rainer Schwarz weiter ausbauen.

In der nächsten Stufe können alle Piers erweitert werden, ohne den Flugbetrieb oder die Passagiere zu beeinträchtigen. Sollte die Zahl der Fluggäste weiter steigen, können auf dem Vorfeld hintereinander zwei weitere Terminals gebaut werden, „Satelliten“ genannt. Sie werden durch einen Tunnel oder eine Brücke mit dem Hauptgebäude verbunden. Die Kapazität reicht dann für etwa 45 Millionen Passagiere pro Jahr.

Entsprechend kann auch die Gepäckförderanlage erweitert werden, die derzeit aufgebaut wird. Hier erkennt man schon, dass es sich um eine typische Anlage für einen Flughafen handelt. Im nächsten April soll sie fertig sein, damit fast zehntausend Statisten noch an 50 bis 60 Tagen vor der Eröffnung den Ernstfall proben können. Am 30. Okober 2011 soll schließlich alles klappen.

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