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S-Bahn: Nur treue Fahrgäste werden entschädigt

Jetzt steht fest, wie die S-Bahn ihre Stammkunden für das Dauerchaos entschädigen will. Und vor allem: Wen sie überhaupt als Stammkunden betrachtet.

Die Regelung sieht einen Monat freie Fahrt für all jene vor, die im Dezember dieses Jahres ein Monats-, Abo- oder Firmenticket haben. Das gilt auch für Schüler- und Geschwisterkarten sowie für Fahrscheine, die bei anderen Unternehmen des Verkehrsverbundes VBB gekauft wurden, also in der Regel bei der BVG. Wessen Dauerkarte allerdings vor Dezember ausläuft und nicht verlängert wird, geht leer aus – obwohl er vielleicht besonders unter dem Chaos gelitten hat und deshalb abgesprungen ist.

Die Bahn hat sich noch eine weitere Klausel ausgedacht, um den Kundenschwund in Grenzen zu halten: Auch Neukunden bekommen einen Freifahrtschein, wenn sie spätestens zum Dezember eine Jahres- oder Abokarte kaufen. Die so entstehenden Ungerechtigkeiten nimmt die Bahn in Kauf. Ein Bahnsprecher nennt es „das Dilemma, in dem wir stecken“: Eine für jeden Einzelnen angemessene Entschädigung sei unmöglich; die Geste sei eher als Entschuldigung gemeint und als Zeichen guten Willens.

Wer seine Zeitkarte am Schalter oder Automaten gekauft hat, bekommt ein Zwölftel des Jahresbetrages erstattet, wenn er ab 8. Oktober die Dezembermarke an einem Schalter der S-Bahn oder der BVG abgibt. Im Austausch gibt es ein speziell gestaltetes Dezember-Ticket. Wer den Gesamtbetrag abbuchen ließ, soll ihn automatisch aufs Konto überwiesen bekommen. Bei monatlicher Abbuchung wird im Dezember ausgesetzt, bei Firmentickets läuft die Gutschrift über den Arbeitgeber. Alles in allem sind davon mehr als eine halbe Million Kunden betroffen. Die auf knapp 25 Millionen Euro geschätzten Kosten trägt die Bahn. Über Einzelheiten informiert die S-Bahn in ihrer neuen Kundenzeitschrift „Punkt3“ sowie unter www.s-bahn-berlin.de und telefonisch unter 29 74 33 33.

Die Entschädigung anderer Kundengruppen will die Bahn bis Ende nächster Woche klären. Der VBB und der Fahrgastverband Igeb forderten als Minimum, dass Studenten, Monatskartenbesitzer und Inhaber von Sozialtickets einbezogen werden. Die Studentenvertretungen der Berliner und Potsdamer Unis haben VBB und S-Bahn in einem offenen Brief zum Entgegenkommen aufgefordert. „Die Zeit, in der Sie uns Konditionen diktierten, ist zu Ende“, heißt es darin.

Bei der Bahn wird nach Tagesspiegel- Informationen auch über Alternativen zu Geldzahlungen nachgedacht – etwa durch zusätzliche Investitionen, von denen möglichst viele Kunden profitieren würden.

Die am Desaster unbeteiligten Unternehmen bekommen nach Auskunft der BVG ihre Mehrkosten von der Bahn erstattet. Jedoch wächst bei den Konkurrenten die Sorge, dass die S-Bahn massenhaft Abo-Kunden vergrault hat und deshalb in den nächsten Monaten die Einnahmen wegbrechen könnten. Noch sei ein solcher Trend aber kaum erkennbar.

Bevor die S-Bahn ab Montag wieder über die Stadtbahntrasse fährt, schränkt sie ihr Angebot baubedingt nochmals ein: Zwischen Ostkreuz und Rummelsburg (S3) sowie zwischen Grünau und Königs Wusterhausen (S46) fahren am Wochenende Ersatzbusse.

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