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Verlängerung der Stadtautobahn: Lärm, Abgas und Dauerstau – Klagen gegen A 100

Etwa ein Dutzend Kläger wollen gegen den geplanten Ausbau der A 100 vors Bundesverwaltungsgericht ziehen. Der BUND hofft auf ein Verbot des Baubeginns.

Die beiden Polizisten sind unschlüssig, ob sie lachen oder einschreiten sollen. Gerade hat sich der 13 Personen starke Demonstrationszug der FDP um ihren Abgeordneten Björn Jotzo vor der Zentrale des Umweltverbandes BUND Am Köllnischen Park geschart, als eine Papp-Merkel des Weges kommt und mit Quäkstimme ruft: „Wir brauchen mehr Autobahnen, damit Herr Westerwelle schön Auto fahren kann!“ Getragen wird die Papp-Kanzlerin von einem grauhaarigen Kreuzberger Ureinwohner, gegen den die FDPisten jetzt einen Sprechchor anstimmen: „Autobahn in Bürgerhand – A 100 braucht das Land!“ Der Grauhaarige lässt sich nicht provozieren, sondern stimmt einfach quäkend ein. „Ey, das ist doch jetzt kindisch“, mault ein Jungliberaler. Jotzo spricht von „Verhinderungsmentalität“ und von deshalb notwendigem Protest „gegen diese absurde Klage“.

Wenn das die beiden Rentnerinnen drinnen im Pressezimmer gehört hätten, würden sie dem FDPler aber die Ohren langziehen. Die Bewohnerinnen einer Senioreneinrichtung an der Elsenstraße sind nämlich Musterklägerinnen. Zwei von einem Dutzend, die gegen die geplante Verlängerung der Stadtautobahn von Neukölln zum Treptower Park vors Bundesverwaltungsgericht ziehen. Außerdem klagen der Umweltverband und der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Rechtsanwalt Karsten Sommer nennt es ein „völlig unnötiges Verfahren, das uns die Stadtentwicklungsverwaltung hätte ersparen können“. Aber weil die Behörde trotz des auf die Zeit nach der Wahl verschobenen Baubeginns die Genehmigung für die 420 Millionen Euro teure Trasse erlassen habe, gehe es jetzt nicht anders.

Die Musterkläger stehen laut Sommer jeweils für bestimmte Belange: Den Rentnerinnen an der Elsenstraße drohten gesundheitsschädliche Abgasmengen, einem Bewohner der Kiefholzstraße krank machender Autobahnlärm und einem Gewerbetreibenden der Ruin durch Enteignung seines Grundstücks. Fürs Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg verweist Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) auf ein Gutachten, das für die Kreuzungen beiderseits der Elsenbrücke – also am Ende des neuen Autobahnabschnitts – Dauerstau prophezeie. Schulz spricht von „Mogelzahlen“ des Senats.

Für den Anwalt ist die fehlende Beteiligung jener Anwohner einer von mehreren Angriffspunkten. Vor der Hauptsache – also der inhaltlichen Entscheidung – soll im Eilverfahren der formal schon jetzt mögliche Baubeginn vorläufig verboten werden. Diesen Etappensieg hält der BUND für fast sicher – und hofft, dass dann erneut über den Sinn des ganzen Projekts diskutiert wird.

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