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Tempelhof

© dpa

Volksentscheid: Pro und Contra Tempelhof

Zehn Fragen, zehn Antworten: Was Befürworter und Gegner eines Flugbetriebs zu den wichtigsten Problemen sagen, was für und gegen eine Schließung spricht, was mit dem Luftbrücken-Symbol passiert - das müssen Sie wissen, um Sonntag abzustimmen.

WAS KANN ABGESTIMMT WERDEN?

Tempelhof-Befürworter

: Die Initiatoren des Volksentscheids, die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof (Icat), will Tempelhof auf Dauer als Verkehrsflughafen erhalten. Im Linienverkehr sollen dann nur kleinere Maschinen mit etwa 100 Plätzen starten und landen. Ob der Flughafen nur noch von Geschäftsfliegern genutzt werden soll, wie es die CDU will, kann dagegen nicht abgestimmt werden.

Tempelhof-Gegner:
Wer mit "Nein" stimmt, unterstützt das endgültige Aus für den Flugbetrieb in Tempelhof, wie es der Senat beschlossen hat. Am 31. Oktober 2008 würde der Flughafen dann geschlossen. Anschließend gibt es keine Möglichkeit mehr, den Flugverkehr wieder aufzunehmen. Die Chancen, dass ein einmal geschlossener Innenstadtflughafen wieder in Betrieb genommen werden kann, sind gleich null.

GEFÄHRDET DIE OFFENHALTUNG DEN BBI-AUSBAU IN SCHÖNEFELD?

Tempelhof-Befürworter:
Nein, sagen die Befürworter des weiteren Flugbetriebs. Nach den derzeit geltenden rechtlichen Vorgaben müssen Tempelhof wie auch Tegel spätestens ein halbes Jahr nach der BBI-Eröffnung geschlossen werden – für den gesamten Flugverkehr. Diese Vorgaben könnten aber so geändert werden, dass zumindest Geschäftsflieger dann weiter starten und landen könnten, sagen die Befürworter.

Tempelhof-Gegner:
Ja, sagt der Senat. Der Landesentwicklungsplan, der das Schließen vorschreibt, könne zwar geändert werden, aber bei einem Weiterbetrieb in Tempelhof entfiele die wesentliche Voraussetzung für die BBI-Genehmigung, die vom Bundesverwaltungsgericht vor allem deshalb erteilt worden ist, weil die Menschen in der Innenstadt vom Fluglärm und dem Absturzrisiko befreit werden.

WARUM BLEIBT TEMPELHOF NICHT BIS 2011 IN BETRIEB?

Tempelhof-Befürworter:
Mit dem Volksentscheid wollen die Befürworter erreichen, dass Tempelhof zumindest bis zur BBI-Eröffnung als Verkehrsflughafen erhalten bleibt, was rechtlich möglich wäre. Die Bundesregierung hat angeboten, in diesem Fall das Defizit aus dem Betrieb zu übernehmen. Allerdings hat der Senat das Gelände bereits als Flughafenstandort planungsrechtlich entwidmet. Dagegen laufen noch Klagen.

Tempelhof-Gegner:
Den Flughafen vorzeitig zu schließen, hatte die Flughafengesellschaft beantragt. Sie wollte den Verlustbringer – jährlich bis zu zehn Millionen Euro – loswerden. Beschlossen worden war ein früherer Termin bereits 1996. Damals war geplant, die Flughafengesellschaft zu privatisieren. Ein neuer, auf Gewinn fixierter Eigentümer, sollte schnell von dem verlustbringenden Tempelhof befreit werden.

IST GESICHERT, DASS DIE GESCHÄFTSFLIEGER UNTERKOMMEN?

Tempelhof-Befürworter:
Nein, sagen die Geschäftsflieger. Auch mit dem neuen Gebäude und dem Hangar gebe es zu wenig Platz in Schönefeld, das zudem auf Jahre noch eine Baustelle bleibe. Zudem würden Geschäftsflieger auf dem BBI-Flughafen den Linienverkehr behindern. Um BBI ungestört von Privatmaschinen wachsen zu lassen, müssten die Geschäftsflieger auf Dauer in Tempelhof bleiben.

Tempelhof-Gegner:
Ja, sagt die Flughafengesellschaft. In Schönefeld hat sie für die Geschäftsflieger in den Neubau eines Abfertigungsgebäudes und in einen Hangar zum Abstellen der Flugzeuge rund 7,5 Millionen Euro investiert. Am BBI-Flughafen gebe es für die Geschäftsflieger eine "Premium-Lage" mit kurzen Wegen vom Parkplatz zum Flugzeug. Die Kapazität reiche auch für die Geschäftsflieger aus.

WARUM LEHNT DER SENAT DAS INVESTORENANGEBOT AB?

Tempelhof-Befürworter:
Die Amerikaner Fred Langhammer und Ronald Lauder wollen im Tempelhofer Gebäude ein ambulantes Gesundheits- und Kongresszentrum einrichten und so mindestens tausend Arbeitsplätze dort schaffen. Voraussetzung dafür ist aber, dass Tempelhof ein Geschäftsflughafen bleibt, so dass Patienten mit eigenen Maschinen fast bis zur ärztlichen Untersuchung fliegen könnten. Die Bahn AG will den Flughafen dann betreiben.

Tempelhof-Gegner:
Der Senat hat das Langhammer-/Lauder-Angebot zurückgewiesen. Der damit verbundene weitere Flugverkehr sei nicht möglich. Zudem hätten die Investoren kein ausführliches Zahlenkonzept vorgelegt, was diese allerdings bestreiten. Zweifel an diesem Modell gibt es ferner, weil viele der für Tempelhof vorgesehenen Praxen nur umziehen würden. Im Kiez gäbe es dann weniger Ärzte, die Fahrt zum Zentrum könnte länger werden.

BRAUCHT MAN FÜR DIE GESCHÄFTSFLIEGER EINEN CITY-FLUGHAFEN?

Tempelhof-Befürworter:
Ja, sagt die Wirtschaft. Ein innerstädtischer Flughafen so dicht am Zentrum sei ein einmaliger Standortvorteil. Die Wege in die Stadt seien viel kürzer als von BBI in Schönefeld oder gar von Strausberg im Osten oder Schönhagen im Süden der Stadt. Zudem bringe der Vorteil der kurzen Wege die "Kreativen und Prominenten" nach Berlin – wie unter anderem bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006.

Tempelhof-Gegner:
Nein, sagen die Gegner des Flugbetriebs. Auch der BBI in Schönefeld sei ein stadtnaher Flughafen. Die Fahrt ins Zentrum über die Autobahn, die vom 23. Mai an durchgehend befahrbar sein wird, werde ebenfalls kurz sein. Zudem lohne sich ein Geschäftsflughafen nicht. Durchschnittlich gibt es nach Angaben des Flughafens derzeit täglich nur 24 Starts und Landungen von Geschäftsfliegern in Tempelhof.

IST DAS NACHNUTZUNGSKONZEPT GESICHERT?

Tempelhof-Befürworter:
Ja, sagt die Stadtentwicklungsverwaltung. Sie hat für das Gelände ein Konzept erarbeitet, das den größten Teil der Fläche frei hält. Am Columbiadamm und auf der Neuköllner Seite soll es Wohnquartiere geben, am Tempelhofer Damm und an der Ringbahn sind Gewerbegebiete vorgesehen. Die meisten dieser Flächen am Rand des Flugfelds gehören allerdings – noch – dem Bund.

Tempelhof-Gegner:
Nein, sagen die Befürworter eines Flugbetriebs. Die Stadt benötige keinen zusätzlichen Park, der weiteres Geld koste. Wichtiger seien Arbeitsplätze. Zudem bestehe die Gefahr, dass das Tempelhofer Feld zu einem Tummelplatz für Drogenhändler aus der benachbarten Hasenheide werde. Auch weitere Wohnungsbauten seien überflüssig, weil es bereits jetzt großen Leerstand in der Stadt gebe.

WAS PASSIERT MIT DEM GEBÄUDE?

Tempelhof-Befürworter:
Bliebe Tempelhof Verkehrsflughafen, würden die Haupthalle und die Hangars wie jetzt weiter genutzt. Bei einem reinen Geschäftsflughafen müsste für das Gebäude und die Halle eine andere Nutzung gefunden werden. Die Bahn, die sich darum beworben hat, den privaten Flugverkehr zu betreiben, will nur die Hangars weiter nutzen. Für das Gebäude setzt sie auf den Langhammer/Lauder-Plan.

Tempelhof-Gegner:
Auf keinen Fall wird das denkmalgeschützte Gebäude, das zu den größten zusammenhängenden Bauten weltweit gehört, abgerissen. Eine neue Nutzung ist aber noch nicht gefunden. Die Stadtentwicklungsverwaltung will es zu einem "Tempelhof-Forum" für die "Kultur-, Medien- und Kreativwirtschaft mit internationaler Ausstrahlung" machen. Bis zu 5000 Arbeitsplätze könnten so entstehen.

BLEIBEN DIE ANDENKEN AN DIE LUFTBRÜCKE ERHALTEN?

Tempelhof-Befürworter:
An die Luftbrücke könne nur ein weiterer Flugbetrieb erinnern, sagen die Befürworter. Ein Museum allein reiche nicht aus, weil es standortungebunden auch woanders stehen könnte. Die beste Erinnerung sei zudem der "Rosinenbomber", der jetzt noch regelmäßig von Tempelhof aus zu Rundflügen startet. Wird der Flughafen geschlossen, muss der "Rosinenbomber" nach Schönefeld ausweichen.

Tempelhof-Gegner:
Auch ohne Flugbetrieb wird das Gelände an die Luftbrücke erinnern. In einen Hangar, so lautet ein Vorschlag, könnte das Alliiertenmuseum einziehen, das jetzt in Dahlem sitzt. Auch ein spezielles Luftbrückenmuseum ist denkbar. Auf dem Flugfeld sollen die Start- und Landebahnen erkennbar bleiben. Und auf dem Platz der Luftbrücke vor dem Gebäude steht ohnehin das Luftbrückendenkmal.

WARUM NIMMT DER SENAT DIE ANGEBOTE DES BUNDES NICHT AN?

Tempelhof-Befürworter:
Die Befürworter verweisen darauf, dass die Bundesregierung den defizitären Betrieb bis zur BBI-Eröffnung in Schönefeld finanzieren will, wenn in Tempelhof weitergeflogen wird. Zuletzt machte der Flughafen zwischen acht und zehn Millionen Euro Verlust pro Jahr. Auch die Haushälter im Bundestag wären bereit, dieses Geld herauszurücken, wenn die Immobilie mit Flugverkehr besser vermarktet werden kann als ohne diesen Betrieb.

Tempelhof-Gegner:
Der Senat hat das mehrmalige Angebot des Bundes stets abgelehnt. Es sei nicht ernst gemeint und solle den Senat nur in eine schwierige Situation bringen, hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) argumentiert. Der Bund habe schließlich zuvor auch abgelehnt, die Flugbereitschaft der Regierung in Tempelhof zu stationieren. Auch dies hätte den Fortbestand des Flughafens garantieren können.

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