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Volksentscheid: Wowereit: Berliner sollen Nein zu Tempelhof sagen

Showdown um das Schicksal Tempelhofs: Im Endspurt zum Volksentscheid über den Flughafen versucht der Regierende Bürgermeister noch einmal, alle Kräfte gegen eine Offenhaltung Tempelhofs zu mobilisieren. Außerdem hätte ein Volksbegehren ohnehin nur empfehlenden Charakter, erklärt Wowereit.

Vor der mit Spannung erwarteten Volksabstimmung über den Flughafen Tempelhof am Sonntag hat Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) seine ablehnende Haltung zur Fortsetzung des Flugbetriebs bekräftigt. Er appellierte am Freitag im RBB-Inforadio an die Berliner gegen eine Offenhaltung des Flughafens zu stimmen. Zudem verwies Wowereit darauf, dass ein Volksbegehren laut Verfassung nur empfehlenden Charakter habe. Er habe als Regierungschef aber die Verantwortung dafür, dass der Berliner Großflughafen BBI fertig gestellt werde. Eine Offenhaltung von Tempelhof werde einen Baustopp in Schönefeld zur Folge haben und die Schließung des Flughafens Tegel gefährden.

Zugleich wies Wowereit den Vorwurf zurück, der Berliner Senat habe sich zu spät in die Debatte um den Fortbestand des Flughafens Tempelhof eingeschaltet. Die Regierung habe immer wieder ihre Position dargelegt. Die Gegenseite habe aber für ihre aktuelle Kampagne einen unverhältnismäßigen Aufwand getrieben. "In die Kampagne der so genannten Interessengemeinschaft sind nach unseren Berechnungen 2,5 bis drei Millionen Euro investiert worden", sagte Wowereit. "Das ist viel mehr als bei jeder Abgeordnetenhauswahl von den Parteien in Wahlwerbung investiert wird". Wowereit fügte hinzu: "Wir hatten gar nicht die Chance, mit ähnlichen propagandistischen Mitteln, mit der vollen Unterstützung von 'B.Z.', 'Morgenpost', 'Welt' und 'Bild'-Zeitung, mit täglichen Titelseiten überhaupt mitzuhalten."

Pflüger hält sich weiter bedeckt

CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger wollte sich dagegen nicht festlegen, wie er zu einer dauerhaften Offenhaltung des innerstädtischen Airports steht. Er sagte am Freitag im RBB-Inforadio, jetzt gehe es darum, die geplante Schließung Tempelhofs Ende Oktober zu verhindern. Ein Weiterbetrieb sei bis zur Inbetriebnahme des Großflughafens Schönefeld "ohne jedes rechtliche Risiko" möglich.

Ob er auch eine Offenhaltung Tempelhofs als Verkehrsflughafen nach der Inbetriebnahme von BBI befürwortet, wie es bei dem Volksentscheid am Sonntag gefordert wird, wollte Pflüger nicht sagen. "Was dann kommt, das entscheiden wir gemeinsam, Bund, Berlin, Brandenburg". Jetzt gehe es darum, "erstmal auf absehbare Zeit, bis BBI dann irgendwann fertig ist, dass Tempelhof Verkehrsflughafen bleibt".

Pflüger wies darauf hin, dass die Bundesregierung ihre Bereitschaft erklärt habe, das Defizit des Flugbetriebs in Tempelhof bis zur Inbetriebnahme des BBI zu übernehmen. Tempelhof sollte deswegen offen bleiben, um Tegel und Schönefeld zu entlasten. Die Kapazitäten in Tegel sind Pflüger zufolge schon jetzt sehr angespannt, in Schönefeld werde demnächst nur eine Landebahn zur Verfügung stehen.

Volksentscheid: Gysi und Künast werfen CDU Betrug und Missbrauch vor

Gregor Gysi, Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, warf der Berliner CDU am Freitag falsches Spiel vor. Nach Ansicht Gysis weiß Pflüger genau, dass die Voraussetzung zur Schließung des Airports, der 1996 gefasste Konsensbeschluss, vom damaligen CDU-geführten Senat mitgetragen wurde. Zudem gebe es mittlerweile eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Darum sei ein solcher Volksentscheid, der bei einem positiven Ausgang nicht umgesetzt werden könne, "Betrug am Volk".

Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast, wirft der Berliner CDU einen Missbrauch der Volksabstimmung über den Flughafen Tempelhof vor. "So war das nicht gemeint, dass sich eine Partei und die Wirtschaft einen Volksentscheid unter den Nagel reißen", sagte Künast der "Berliner Zeitung". Dieser Volksentscheid sei aus Mangel an anderen Themen von der CDU instrumentalisiert und von der Wirtschaft mit Geld gesponsort worden.

Verein fordert Entscheidung zu respektieren

Ähnlich äußerte sich der Sprecher und Gründer des für Bürgerbeteiligung kämpfenden Vereins "Mehr Demokratie", Gerald Häfner. Er sehe die starke parteipolitische Okkupation des Themas Flughafen Tempelhof mit Sorge, sagte er der Zeitung. Auswüchse wie die von CDU und Wirtschaft unterstützte massive Werbekampagne für den Weiterbetrieb seien eigentlich nicht im Sinne direkter Demokratie.

Häfner warf dem Senat vor, mit seiner angekündigten Nichtachtung des Volksentscheids diese Form der Demokratie abzuwerten. Wenn es ein klares Ja gebe, dann dürfe man darauf nicht mit Desinteresse reagieren, betonte er.

Die Berliner sind am Sonntag zum Volksentscheid über die Frage aufgerufen, ob der City-Airport tatsächlich wie geplant Ende Oktober geschlossen werden oder trotz des künftigen Großflughafens Schönefeld weiter in Betrieb bleiben soll. In den Streit hatte sich vergangene Woche auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eingeschaltet und den Erhalt von Tempelhof befürwortet. Wowereit und führende Vertreter von Linken und Grünen im Bundestag kritisierten das Verhalten von Merkel scharf. Tempelhof war zu Beginn des Kalten Kriegs Schauplatz der Luftbrücke und gilt als eines der letzten großen Symbole des alten West-Berlin. (imo/ddp/AFP)

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