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Berlin: Verliebt ins Schlösschen

Königin Friederike Luise baute das Freienwalder Palais, Walther Rathenau rettete es vor dem Verfall

Die Königin galt als unkonventionell und leutselig, als etwas skurrile ältere Dame mit besonderem Interesse für Garten und Landschaftsgestaltung. Der Großindustrielle machte als Politiker Karriere und mochte Kunst und Philosophie. Beide trennte ein Jahrhundert, doch es vereinte sie die Liebe für Bad Freienwalde und dessen Schloss. Wer heute die Stadt besucht, lernt beide Persönlichkeiten in Erzählungen und Berichten kennen.

Die Rede ist von Königin Friederike Luise, Gemahlin Friedrich Wilhelm II, und von Walther Rathenau, zuletzt Außenminister der Weimarer Republik.

Friederike Luise führte eine unglückliche Ehe, also suchte sie ein Refugium und fand es seit 1788 im „anmutigen“ Freienwalde. Hier prägte sie 15 Jahre lang das gesellschaftliche Leben in der Stadt und lebte anfangs in Bürgerhäusern zur Miete, bis sie sich nach dem Tod ihres Mannes ein schlichtes, frühklassizistisches Sommerpalais bauen ließ. Es entstand 1798/99 nach Plänen David Gillys am Fuße des damaligen Apothekerberges inmitten eines zuvor schon angelegten Lustgartens – des späteren Schlossparks. Und dabei unterstützte sie das frisch gekrönte neue Königspaar: ihr Sohn Friedrich Wilhelm III. und die populäre preußische Königin Luise.

Ebenso wie die Königinmutter bevorzugte auch das junge Paar ein bürgerliches, bescheidenes Landleben. Deshalb ließen sich die beiden in Paretz bei Potsdam einen ähnlich schlichten Landsitz bauen – und besuchten gerne die Großmutter. Dann tobten die Enkel im Schlosspark, für Friederike Luise waren es glückliche Tage. Ansonsten ließ sie in ihrer Wahlheimat Hügel mit Rosen bepflanzen, legte Treppchen und Aussichtspunkte an.

Nach ihrem Tode 1805 geriet das Schlösschen in Vergessenheit, es verfiel und wurde erst von Walther Rathenau aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Rathenau war 42 Jahre alt und bei AEG in führender Position , als er das Palais erwarb und als Kleinod preußischer Landbaukunst sanierte. Er genoss es als Landsitz, verfasste dort philosophische Schriften, malte, schickte stolz Fotografien des Anwesens an Freunde und scharte im Park gerne Gäste um sich wie die Dichter Gerhart Hauptmann und Stefan Zweig. Aber das Idyll endete jäh: Am 24. Juni 1922 wurde Walther Rathenau als Außenminister von Rechtsradikalen ermordet. Als hätte er es geahnt, übertrug er noch zu Lebzeiten seinen Freienwalder Besitz einer Stiftung. Diese kümmert sich seit der Wende wieder um „sein“ Schloss. CS

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