zum Hauptinhalt
Kinderwagen

© dpa

Verlorenes Elterngeld: Kinderwagen sind bei Dieben begehrt

Immer wieder verschwinden teure Buggys aus Hausfluren – mitunter sogar in Serie. Die Täter werden nur selten gefasst. Dabei sind Kinderwagen kein billiger Spaß.

Viele Eltern in Berlin haben die Erfahrung schon gemacht: Der Kinderwagen wurde aus dem Hausflur gestohlen. „Als ich mein Kind heute aus dem Kinderladen abholen wollte, war der Wagen weg.“ Eine Mutter in Neukölln ärgert sich. „Das ist jetzt schon der zweite Buggy, der mir geklaut wurde. Und da waren ja auch noch andere Sachen drin – Buddelspielzeug, Regenschutz, Kuscheldecke – kann ich jetzt alles neu besorgen.“ Ein Vater aus dem Prenzlauer Berg berichtet, dass das Schloss an seinem Kinderwagen aufgebrochen wurde. Der Wagen war noch da, der Dieb wurde anscheinend gestört. Eine Bagatelle ist der Diebstahl von Kinderwagen nicht. Teure Modelle kosten bis zu tausend Euro. Doch auch für einen guten gebrauchten Kinderwagen muss man zwischen 100 und 300 Euro bezahlen.

Zur Polizei gehen die wenigsten Bestohlenen. Falls doch, werden die Täter selten gefasst. Dennoch rät die Polizei, den Diebstahl anzuzeigen. Die Polizei selbst listet die Fälle von Kinderwagen-Diebstahl nicht gesondert in der Kriminalstatistik auf. Und nicht immer tragen Beamte in die Anzeigenformulare ein, was genau abhanden kam. Polizeisprecher Thomas Neuendorf wagt daher nur eine vorsichtige Schätzung: Bis Ende August seien etwa 340 Kinderwagen in Berlin gestohlen worden. Im Jahr 2008 wurden insgesamt 460 gestohlene Kinderwagen registriert. Zum Vergleich: Im letzten Jahr wurden 23 645 Fahrräder als gestohlen gemeldet.

Zu einer Serie von Kinderwagen-Diebstählen kam es in Prenzlauer Berg. Allein in der zweiten Jahreshälfte 2007 wurden dort 50 Kinderwagen gestohlen. Die Polizei konnte schließlich einen Einzeltäter festnehmen. Auch ein Paar, das gemeinsam auf Beutezug gegangen war, konnte gefasst werden. Im August 2009 kam die Polizei einem Mann aus Mariendorf auf die Schliche, in dessen Wohnung die Beamten mehrere hochwertige Kinderwagen fanden.

Bestohlene Mütter in Neukölln hegen einen Verdacht: „Das sind Banden, die mit dem Lastwagen vor den Hauseingängen vorfahren. Und wenn sie dann ins Haus reinkommen, räumen sie alles aus, was nicht angeschlossen ist – Fahrräder und Kinderwagen.“ Doch das kann die Polizei nicht bestätigen. „Das sind Vorurteile und Gerüchte“, sagt Neuendorf. „Und wenn keiner die Diebstähle anzeigt, können wir der Sache auch nicht nachgehen.“

Er rät deshalb allen Betroffenen, zur Polizei zu gehen. Außerdem sollte man den Kinderwagen möglichst an einem festen Gegenstand anschließen, zum Beispiel am Treppengeländer. Man kann auch an seinem Kinderwagen nachsehen, ob am Gestell eine Nummer eingraviert ist. Falls nicht, könne man eine solche selbst einritzen, sagt Neuendorf. Wird der Wagen gestohlen, könne die Polizei ihn zur Fahndung ausschreiben.

Die Täter verkaufen die Ware meist im Internet, zum Beispiel bei Ebay, über private Kleinanzeigen oder in An- und Verkaufsläden. „Wenn man einen Kinderwagen gebraucht kauft, sollte man sich auf jeden Fall die Quittung des Verkäufers zeigen lassen“, empfiehlt Neuendorf. Misstrauen könne auch angebracht sein, wenn es im Umfeld des Verkäufers keine Kinder gibt und nur unklare Angaben über die Herkunft des Wagens gemacht werden. Denn wer gutgläubig einen gestohlenen Kinderwagen kauft, macht sich zwar nicht strafbar. Aber wenn sich herausstellt, dass der Wagen jemand anderem gehört, muss man ihn zurückgeben – und bekommt sein Geld nicht zurück.

Die Hausratversicherung zahlt übrigens nur für einen gestohlenen Kinderwagen, wenn der Wagen aus der Wohnung oder aus einem abschließbaren Raum – etwa dem Fahrradkeller – entwendet wurde, erklärt Christian Lübke vom Gesamtverband deutscher Versicherer. Verschwindet der Kinderwagen aus dem Treppenhaus, beim Kinderarzt oder auf dem Spielplatz, hat man Pech gehabt, egal, ob der Wagen abgeschlossen war oder nicht. 

Für viele Eltern, die in den oberen Etagen eines Mehrfamilienhauses ohne Aufzug wohnen, ist es allerdings unrealistisch, den Wagen samt Kind und womöglich Einkäufen jeden Tag die Treppen hinauf- und hinunterzutragen. „Wir schließen unseren Buggy abends immer im Auto ein“, sagt eine Mutter. Für viele Berliner gilt da allerdings: Jetzt müsste man nur noch ein Auto haben.


Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false