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Berlin: Vermieten ohne Grenzen

Bundesverwaltungsgericht kippt Mietobergrenzen in Sanierungsgebieten. Nun drohen höhere Mieten

Schlechte Nachrichten für die Mieter in Berlin: Das Bundesverwaltungsgericht hat die „Mietobergrenzen“ in Sanierungsgebieten für unzulässig erklärt. Auf den ersten Blick ist das eine Hiobsbotschaft vor allem für die Bewohner von Häusern in den begehrten City-Bezirken: in Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Denn hier wird am meisten mit Immobilien spekuliert, weil Neuberliner hier gerne hinziehen – und dafür fast jeden Preis bezahlen.

Aus diesem Grund wurden Teile dieser Bezirke, darunter das Samariterviertel in Friedrichshain, um das es vor Gericht ging, vom Land zu „Sanierungsgebieten“ erklärt. Das Ziel: Die Sanierung von Häusern soll zwar erlaubt sein, dabei dürfen die Investoren ihre Kosten aber nicht so stark auf die Mieten umlegen, dass sich ortsansässige Bewohner die Wohnungen nicht mehr leisten können.

„Der behutsamen Stadterneuerung wird durch das Urteil ein schwerer Schlag versetzt“, sagt Reiner Wild, stellvertretender Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Denn der Richterspruch habe zur Folge, dass die von den Bezirken festgelegten Mietobergrenzen in betroffenen Gebieten nicht mehr grundsätzlich gelten. Sie werden nun etwa wirkungslos, wenn es keine durchgreifende Sanierung gibt. Einfach ausgedrückt: Wird eine Heizung in eine Wohnung eingebaut, dann kann der Vermieter die Kosten dafür anteilig auf die Miete umlegen, unabhängig von der allgemein geltenden Mietobergrenze.

Trotz des Urteils bleibt den Bezirken jedoch ein Mittel, der Mietenexplosion vorzubeugen: Ist eine durchgreifende Modernisierung eines Hauses in einem geschützten Gebiet geplant, dann braucht der Vermieter dazu eine Baugenehmigung vom Bezirk. In diesem Fall können die sozialpolitischen Ziele auf einem Umweg durchgesetzt werden: Genehmigungen für Luxusmodernisierungen müssen Bezirke nicht erteilen. Und der Bezirk kann Einfluss auf die Art der Sanierung und den daraus resultierenden Mietsteigerungen nehmen.

Und das geht so: „Wir schließen Sanierungsverträge mit den Eigentümern ab“, sagt Joachim Brandl-Peverali. Er ist bei dem Sanierungsträger Stattbau beschäftigt. Dieser führt für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die Verhandlungen mit den Grundeigentümern. „Dabei kommt es fast immer zu einer Einigung“, sagt er. Denn auch die Bauträger hätten ihre Vorteile von diesem Verfahren.

Interessant für Investoren sind diese Verträge deshalb, weil die Höhe der Mieten dann nur noch selten im ganzen Haus begrenzt wird. Stattdessen lässt der Sanierungsträger bei leer stehenden Wohnungen schon mal das freie Spiel der Marktkräfte zu. Im Gegenzug verlangt er vom Hauseigentümer aber in „Härtefällen“, zum Beispiel wenn in einer Wohnung ein Rentner mit geringen Einkünften lebt, dass dessen Miete kaum oder gar nicht steigt – trotz der Sanierung. „Das ist die zweitbeste Lösung“, sagt jedoch Mietervereins-Vize Wild. Ein „genereller Verdrängungsschutz“ sei besser, zumal dadurch Hauseigentümer nicht dazu ermutigt würden, Wohnungen leer zu bekommen, um später höhere Mieten kassieren zu können.

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