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Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD).

© dpa/Britta Pedersen

Update

Vor Präsentation im Roten Rathaus: Giffey kritisiert Absagen von Wohnungsbündnis-Teilnehmern

Der Mieterverein sieht zu wenig Verbindliches für Mieter. Dem Immobiliendachverband wiederum gehen die Zugeständnisse zu weit. Nun äußert sich die Regierende.

Das Berliner Bündnis für Wohnungsbau spaltet, statt zu einen – und das sogar innerhalb der beiden großen Lager aus Mietervertretern und Wohnungswirtschaft. Nach dem Berliner Mieterverein wird nun auch der Dachverband der Immobilienwirtschaft die Bündniserklärung, Zentrale Immobilien-Ausschuss (ZIA), nicht unterzeichnen.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) kritisierte die Entscheidung der beiden Bündnisteilnehmer. „Nur, weil man nicht alles bekommt, zu sagen, dann machen wir nicht mit, das finde ich schwierig“, sagte sie am Montag der Deutsche Presse-Agentur.

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„Der Mieterverein und der ZIA sind ja zwei weitestmöglich auseinanderliegende Pole. Wenn beide nicht bereit sind, da mitzugehen, dann ist das ein Zeichen, dass wir schon ein stückweit in der Mitte liegen, mit dem, was wir vereinbart haben“, sagte Giffey. „Und wir haben sehr viele andere, die sind dabei.“ Auch dass das Immobilienunternehmen Vonovia signalisiert habe, mitzumachen, sei ein gutes Zeichen.

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„Am Ende geht es um die Frage: Was hilft den Mieterinnen und Mietern?“, sagte die SPD-Politikerin. „Und zu sagen, das reicht uns nicht, wir sind dann raus, hilft ihnen nicht.“ Die Maßnahmen der Bündnisvereinbarung könnten vielen Menschen Sorgen und Ängste nehmen. „Die, die unterschreiben, repräsentieren ungefähr die Hälfte der Berliner Wohnungen“, sagte Giffey. „Und deswegen ist das trotzdem ein Erfolg. Und es ist heute eine Erstunterzeichnung. Alle, die mitmachen wollen, können noch dazukommen.“

Der ZIA begründete seine Entscheidung mit den Zugeständnissen der Branche an Mietervertreter, obwohl diese schon stark abgeschwächt worden waren. Zuvor hatte bereits der Berliner Mieterverein erklärt, an diesem Montag nicht die Vereinbarungen aus dem Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen zu unterschreiben.

Der Geschäftsführer des Vereins, Reiner Wild, hatte in einer Pressemitteilung erklärt, am Ende monatelanger Verhandlungen habe man "feststellen müssen, dass das Erzielte aus Sicht der Mieter und Mieterinnen Berlins nicht reicht für eine Unterschrift unter eine Vereinbarung, für deren wenige Vorteile der Mieterverein dann aber mit in die Verantwortung genommen würde".

Mieterhöhungen bleiben möglich

Die Politik sei der Wohnungswirtschaft im Bündnis zu sehr entgegengekommen. Hinzu komme, dass die Vereinbarung "sehr unverbindlich" sei. "Die Berliner Landesregierung bleibt mit der Bündnisvereinbarung an diversen Stellen hinter ihrer Koalitionsvereinbarung zurück", sagte Wild weiter.

Es seien keine Vereinbarungen getroffen worden, "die einklagbar oder verbindlich für die einzelnen Mieter und Mieterinnen sind".

Hintergrund: Zu Beginn der Verhandlungen hatte sogar Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) einen Verzicht der Wohnungsbranche auf Mieterhöhungen für einen gewissen Zeitraum für möglich erachtet.

Davon blieb nur eine Begrenzung von Mieterhöhungen bei Haushalten mit geringen Einkünften und Anspruch auf Wohnberechtigungsschein übrig, sofern durch die Erhöhung die Wohnkosten 30 Prozent des Einkommens überschreitet.

Das Berliner Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen präsentiert die Ergebnisse der Verhandlungen am Montagnachmittag im Roten Rathaus.

Ziel der verabredeten Maßnahmen ist es, den Wohnungsbau in der Hauptstadt angesichts des Wohnungsmangels deutlich zu beschleunigen und weitere Mietsteigerungen zu bremsen. Zu den Teilnehmern der Bündnisrunde gehören Vertreter aus Politik, Wohnungswirtschaft und Verbänden. Die Verhandlungen dauerten mehrere Monate.

Warum der Immobiliendachverband das Bündnis ablehnt

Der Branchendachverband der Immobilienwirtschaft ZIA begründet seine Absage an das Wohnungsbündnis ausgerechnet mit der Regelung, die Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) als wichtigste Errungenschaft für die Mieter bezeichnet hatte: Die Begrenzung von Mieterhöhungen auf 30 Prozent des verfügbaren Einkommens.

Dabei hatte die Branche diese allgemeine Regelung bereits wegverhandelt und nur für Haushalte mit geringen Einkünften und Anspruch auf Wohnberechtigungsschein begrenzt.

"Die Obergrenze von 30 Prozent des Haushaltseinkommens für die Miete ist ohnehin realitätsfern", sagte ZIA-Hauptgeschäftsführer Oliver Wittke. Der Verband hatte angeboten, die Erklärung zum Bündnis zu unterzeichnen – mit dem Vorbehalt von "drei ernsten Einwänden" in einer Protokollerklärung. Dies habe der Senat abgelehnt.

Die Branche lehnt auch die Verpflichtung der Vermieter ab, 30 Prozent der Wohnungen bei der Wiedervermietung an Haushalte mit Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) zu vergeben. Mit diesem können Mieter in eine Sozialwohnung ziehen.

Durchgefallen ist bei der Immobilienbranche außerdem die Auflage von Berlins kooperativer Baulandentwicklung, die eine Vergabe jeder zweiten neu gebauten Wohnung an Haushalte mit geringen oder mittleren Einkünften vorsieht.

Berliner privater Mittelstand BFW unterschreibt

Dem Bündnis beitreten wird der Landesverband des privaten Wohnungsvereins BFW.

"Die personelle Aufstockung der Behörden, die Digitalisierung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sind wichtige erste Bausteine. Senat und Bezirke haben zugesagt, die bisher stockenden Prozesse beim Neubau gemeinsam mit den Bündnispartner:innen in einer Arbeitsgruppe auf den Prüfstand zu stellen und zu verbessern", sagte der BFW-Vorsitzende in Berlin, Christopher Weiß. Die Erreichung dieser Ziele liege "in der Hand des Landes Berlin".

Im Gegenzug verpflichte sich die Branche auf das gemeinsame Ziel, bis zum Jahr 2030 rund 200.000 neue Wohnungen zu bauen.

Enteignungsinitiative: Wohnungsbündnis ist gescheitert

Aus Sicht der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ ist das Bündnis gescheitert. Es garantiere nur eins: steigende Mieten und eine Überteuerung der Stadt, kritisiert der Sprecher der Initiative, Kalle Kunkel, am Montag.

„Anstatt sich für die Mieterinnen und Mieter dieser Stadt einzusetzen, verhält sich die Regierende Bürgermeisterin wie eine Unternehmensberaterin für die Immobilienkonzerne, die unsere Stadt ausbluten.“ Die einzige nachhaltige Lösung, die bezahlbare Mieten garantiere, sei die Enteignung der großen Wohnungskonzerne.

Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“, die den erfolgreichen Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen auf den Weg gebracht hat, begrüßte außerdem die Entscheidung beim SPD-Landesparteitag am Sonntag, die Vergesellschaftung voranzutreiben.

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Auf dem Parteitag hatte es eine Mehrheit für einen Antrag gegeben, in dem gefordert wird, nach einem positiven Votum der vom Senat eingesetzten Expertenkommission schnellstmöglich ein Gesetz zur Umsetzung der Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen zu erarbeiten.

Die SPD-Mitglieder, die für den Antrag gestimmt haben, forderte die Initiative auf, den Druck auf die Parteispitze aufrecht zu erhalten.

„Wer keinen politischen Willen zur Umsetzung des Volksentscheides zeigt, sollte auch keine Regierungsverantwortung übernehmen“, so Kunkel. „Wir fordern die SPD-Basis auf, sich jetzt auf ihr politisches Erbe des Enteignungs-Paragrafens zu besinnen und dies auf Führungsebene durchzusetzen.“ (mit dpa)

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