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Berlin: Vermittler zwischen zwei politischen Welten

Die alte Klientel im Osten und neue Mitglieder im Westen: Carsten Schatz organisiert den Wahlkampf der Linkspartei/PDS in Berlin

Ein wenig fühlt sich Carsten Schatz in diesen Wahlkampftagen an jene Zeit erinnert, in der es ihn in die Politik verschlug. „Diese Dynamik, diese Lust auf Neues, das hat was von der Aufbruchstimmung 1989/90“, schwärmt der Berliner PDS-Geschäftsführer mit dem Kurzhaarschnitt und den vier Ohrringen: „Das reizt mich an der Politik: Leute zusammenbringen und gemeinsam für ein politisches Ziel kämpfen“, sagt er und erzählt begeistert von den langen Arbeitstagen mit seinem knapp 40-köpfigen Wahlkampfteam, von den vielen Neueintritten in die Linkspartei und von der guten Stimmung sogar in Berlins Westbezirken, die sich sonst gerne an der Mutterpartei reiben.

Carsten Schatz, der neben seinem Politjob Geschichte, Politik und Philosophie an der Fernuniversität Hagen studiert, steht mit seiner Biografie prototypisch für die neue PDS. Die Partei erlebt in diesem Wahlkampf einen Aufschwung wie schon lange nicht mehr, weil sie dank des Namenszusatzes Linkspartei und der Kooperation mit der Wahlalternative WASG großen Zuspruch von Wählern aus dem Westen bekommt. Gleichzeitig pflegt sie kräftig ihre ostdeutschen Wurzeln, denn dort liegt nach wie vor das Kraftzentrum der Partei.

Der 35-jährige Schatz, im Osten Berlins aufgewachsen und heute in Schöneberg zu Hause, vereint die beiden Welten in seiner Person. Er trat 1988 aus Überzeugung der SED bei – ein politisches Erbe, zu dem er bis heute steht. Wer von ihm eine Distanzierung von SED-Herrschaft oder Mauer erwartet, bekommt eine abwägende Antwort, die für politisch anders sozialisierte Menschen nach jener Verharmlosung klingt, wie man sie sonst eher von älteren Parteifunktionären erwarten würde. „Eine Gesellschaft, die die Mauer notwendig findet, hat Defizite, mit denen sie sich auseinander setzen muss“, sagt Carsten Schatz.

Dennoch habe er Verständnis dafür, dass die Mauer 1961 zur „Existenzsicherung“ der DDR gebaut wurde, und findet den Vorgang angesichts der danach erfolgten „inneren Stabilisierung“ der DDR „nicht irrational“. Wegen der ausgebliebenen „kulturellen Öffnung“ nach dem Mauerbau sei das Grenzregime trotzdem falsch gewesen – zumindest aus heutiger Sicht.

Der Abschied von der DDR in der Wendezeit war auch für Carsten Schatz ein Emanzipationsprozess, wie er sagt. Er machte 1990 die Transformation der einstigen Staatspartei zur PDS mit, arbeitete in der Arbeitsgemeinschaft Junge Genossen und baute die PDS-Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule bundesweit mit auf. 1998 stieg er im Wahlkampfteam von Petra Pau ein – mit Erfolg: Pau gelang in Prenzlauer Berg der Sprung in den Bundestag. 2001 holte PDS-Chef Stefan Liebich Carsten Schatz zu sich und machte ihn zum Landesgeschäftsführer. „Er ist jung und hat einen anderen Zugang zu unseren Wählern und Mitgliedern als ein klassischer Parteimanager“, lobt Liebich.

In diesem Wahlkampf konzentriert sich die PDS auf ihre Kritik an den Sozialreformen. Ein Thema, das Carsten Schatz am Herzen liegt: Seine größte Motivation, sagt er, bezieht er daraus, die Kritik an der Agenda 2010 und an Hartz IV zu artikulieren und für aus seiner Sicht soziale Alternativen zu kämpfen. Das bringt der Linkspartei viel Sympathie ein, wie die gestiegenen Umfragewerte der vergangenen Wochen zeigen.

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