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Veröffentlichung: Bürgerinitiative: Wasservertrag verstößt gegen Verfassung

Veröffentlichung im Internet bringt Senat in Erklärungsnot. Kritiker sprechen von unzulässigen Gewinngarantien für Veolia und RWE.

Rund 200 Seiten aus dem umstrittenen Vertrag zur Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe sind seit Sonnabend im Internet nachzulesen. Den Weg zu den Papieren weist die „tageszeitung“ auf ihrer Internetseite. Bei den eingescannten Papieren handelt es sich um den „Konsortialvertrag“ vom 18. Juni 1999 zwischen dem Land Berlin und den Miteigentümern der Wasserbetriebe Veolia und RWE. Aus Sicht des Berliner Wassertischs, der die Offenlegung der Vereinbarungen fordert, beweist der Vertrag einen Skandal: Er enthalte „Gewinngarantien, die eindeutig gegen ein höchstrichterliches Urteil des Verfassungsgerichts verstoßen“, erklärt der Sprecher der Initiative, Thomas Rudek. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) begrüßt die Veröffentlichung im Internet als „Schritt zur Transparenz“. Veolia reagierte gelassen. Man befinde sich ohnehin in einem Prozess zur Offenlegung der Verträge, hieß es.

Das Wasser in Berlin ist vergleichsweise teuer, und das hängt mit der Privatisierung der Wasserbetriebe 1999 zusammen. Wie berichtet, hatte der „Berliner Wassertisch“ erst vor wenigen Tagen 280 000 Unterschriften für ein Volksbegehren vorgelegt, das den Senat zur Offenlegung der Wasserverträge mit Veolia zwingen soll. Der im Internet nun einsehbare Konsortialvertrag enthält laut Rudek eine Passage, die im Widerspruch zu einem Verfassungsgerichtsurteil von 1999 steht. Das Gericht hatte im Oktober des Jahres eine im Vertrag festgeschriebene Gewinnmarge bemängelt, die auf Kosten des Landes ging. Der Senat sicherte daraufhin Nachverhandlungen zu.

Die nun erfolgte Veröffentlichung des Vertrags muss laut Rudek zur Folge haben, dass der Senat seinerseits den Vertrag offenlegt. Erst dies sei juristisch verbindlich und würde somit das Volksbegehren überflüssig machen. Genauso sieht es die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche: „Das Volksbegehren hat sich damit nicht erledigt“, sagte sie. Auch sie fordert den Senat auf, jetzt „aufs Volk zu hören“ und den Vertrag vorzulegen. „Mediale Offenlegung ist keine juristische Offenlegung“, sagt Kosche – deshalb müsse das Volksbegehren weiterlaufen.

Veolia-Sprecher Matthias Kolbeck hält das Volksbegehren hingegen für überflüssig. Dessen Initiatoren ignorierten, dass „erste Schritte“ zur Offenlegung bereits unternommen seien. Dabei bezieht er sich auf das Informationsfreiheitsgesetz des Landes, das im vergangenen Sommer mit Blick auf die Veolia-Verträge von der rot-roten Koalition verschärft wurde. Danach sind alle Bürger berechtigt, Einblick in die Privatisierungsverträge von Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge zu nehmen. Dies gilt auch für vertrauliche Passagen, wenn das öffentliche Interesse gegenüber dem Interesse der Geheimhaltung überwiegt. Hat das Unternehmen allerdings eine Monopolstellung, so ist das öffentliche Interesse laut Gesetz generell vorrangig.

Kaum war die neue Regelung in Kraft getreten, pochten mehrere Bürger auf ihr Einsichtsrecht. Ab diesem Zeitpunkt hatte der Senat laut Gesetz sechs Monate Zeit, mit Veolia über die Offenlegung zu verhandeln. Danach müsse er dies ohnehin einseitig tun, sagt Veolia-Sprecher Kolbeck. Eine erste Gesprächsrunde erfolge in Kürze. Veolia sei von einer Einigung überzeugt. Der „Berliner Wassertisch“ fordert hingegen, die Wasserbetriebe zurückzukaufen. So könne man am besten günstigere Preise erreichen. Wirtschaftsenator Wolf setzt stattdessen „große Hoffnungen“ auf die derzeitige Initiative des Bundeskartellamtes. Das überprüft seit März 2010 die Tarifgestaltung der Berliner Wasserbetriebe. Rückendeckung gibt ihm ein Musterurteil des Bundesgerichtshof vom Januar dieses Jahres. Danach sind die Kartellbehörden grundsätzlich berechtigt, niedrigere Preise durchzusetzen – vorausgesetzt, die gerügten Tarife sind im bundesweiten Vergleich übermäßig hoch. Die Wirtschaftsverwaltung erwartet ein Ergebnis Ende des Jahres.

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