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Schüler melden sich im Unterricht.

© Daniel Reinhardt/dpa

Verpflichtende Deutsch-Kurse: Eine sinnvolle Hilfe, keine Zumutung

Die Vorschläge der Berliner CDU, sprachschwache Schüler und Schwänzer stärker in die Pflicht zu nehmen, sind ein Fortschritt. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Kevin P. Hoffmann

Sollen Schüler, die nachweislich nur ungenügend Deutsch sprechen, verpflichtet werden, in den Ferien eine „Summer-School“ zu besuchen? Und sollte man die Anwesenheiten von Schülern, die mehr als vier Mal im Jahr unentschuldigt fehlen, elektronisch erfassen? Das schlägt der Wirtschaftsflügel der Berliner CDU-Fraktion vor, mischt sich damit in die Bildungspolitik ein – und provoziert. Selbstverständlich. Nicht praktikabel, populistisch, unnötig repressiv, das sind erste Reflexe. Gerade im liberalen Berlin gehört es zum guten Ton, jede Pflicht als Zumutung abzutun. Doch das erstickt die nötige Debatte im Keim.

Bei etwas mehr Licht betrachtet, verweisen die Politiker auf selbstverständliche, offensichtliche und von niemandem ernsthaft zu bestreitende Missstände, die nicht nur den lokalen Arbeitgebern, sondern auch der Gesellschaft und den persönlich Betroffenen massive Probleme bereiten: Wer kein Deutsch spricht, kann in diesem Land nichts werden. Und wer die Schule schwänzt, auch nicht. Für die und den gibt es hier keinen Job, keinen Beruf, also praktisch keine Chance auf Teilhabe, keine Möglichkeit legal seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das alles sind Ziele, die sich speziell Parteien aus dem linken Spektrum gesetzt haben, also Parteien, die in Berlin seit Jahrzehnten regieren und sich offenbar damit abgefunden haben, dass zu viele junge Bürger mit Migrationshintergrund aus dem Schulsystem fallen.

Die verpflichtende Deutsch-Schule in den Ferien, eine elektronische Kontrolle der Schulpflicht – ergänzt um Informationsangebote für die Eltern: Das können geeignete Instrumente sein, um den Kindern und Jugendlichen eine Brücke in die Gesellschaft bauen. Wer möchte darauf wetten, dass die betroffenen Eltern und Schüler (letztere zumindest rückblickend) derartige Maßnahmen mehrheitlich ablehnen? Nein, viele dürften sie als Glücksfall begreifen. Man frage sie selbst.

Über Jahrzehnte hatte man sich in der CDU geweigert zu akzeptieren, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist (Hier ein Beitrag aus dem Jahre 2006). Konsequenterweise hat die Partei alle mit dem Phänomen verbundenen Probleme ignoriert, getreu dem Motto: Was man nicht will und was nicht sein darf, muss auch nicht geregelt werden. Insofern ist es ein Fortschritt, dass diese Partei hier Gestaltungswillen zeigt, sich einmischt, andere zum Handeln nötigt.

Dass die Motivation für dieses Engagement aus der Wirtschaftsecke kommt - schließlich gilt es am Ende auch darum, den Fachkräftemangel zu bekämpfen - schmälert die Legitimität der Vorschläge nicht im Geringsten. Im Gegenteil: Alle Bewohner Berlins und Deutschlands, egal mit welcher Muttersprache aufgewachsen, profitieren am Ende davon, wenn diese Stadt und dieses Land wirtschaftlich weiter wächst.

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