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Berlin: Verschickt

Eine Ausstellung über die Rettung jüdischer Kinder aus Nazi-Deutschland in der Neuen Synagoge

Ruth Moos zum Beispiel: Ihre Eltern schickten sie weg aus Berlin, im Oktober 1939, sie war dreizehn. Die Eltern waren Juden, hatten die Hoffnung aufgegeben, das HitlerRegime zu überleben. Wenigstens die ältere Tochter sollte versuchen, das Land zu verlassen. Sie wurde für intelligent genug befunden und deshalb von den Fluchthelfern ausgewählt. Ruth Moos, heute 81, war eines von rund 12000 jüdischen Kindern, die es bis 1941 schafften, auszureisen. Dann verboten die Nazis Juden die Ausreise.

Ruth Moos’ Schicksal ist Teil der am Dienstagabend eröffneten Ausstellung „Aus Kindern wurden Briefe. Die Rettung jüdischer Kinder aus Nazi-Deutschland“. Die Schau in der Neuen Synagoge in Mitte will die „einzigartige Rettungsaktion“ einer deutsch-jüdischen Organisation nachzeichnen, sagt Kuratorin Gudrun Meierhof. Die Ausstellung konzentriert sich auf die Flucht in die USA und nach Palästina. Sie besteht aus drei Teilen. Entstehung der Ausreise, Ausreise, das Leben danach – geschildert von den Betroffenen selbst. Auf Schautafeln sind Kurzbiografien, Erlebnisberichte der Kinder oder aktuelle Interviewauszüge mit den jungen Emigranten von einst gedruckt. Längere Interviews zeigt eine Filminstallation.

Ruth Moos ist zur Eröffnung aus Kalifornien gekommen. Die Pflegemutter, erzählt sie, „fand das Adoptivkind aus Germany hässlich und mochte es auch sonst nicht“. Der neue Vater, der war gut zu ihr. „Die Mutter war Jüdin, er nicht. Eigenartig, nicht?“ Glücklich sei sie in dieser neuen Familie selten gewesen. „Trotzdem war es ein Glück, dass ich nach Kalifornien gekommen bin.“ Rund 4200 Mädchen und Jungen aus Berlin wurden in Konzentrationslager deportiert und ermordet. Stellvertretend für dieses Schicksal steht in der Schau: Rose Marie Noah. Die Achtzehnjährige wurde im November 1942 in Auschwitz ermordet. Der Vater war in die USA geflohen, die Mutter im April 1939 nach England.

Über Recha Freier und Käte Rosenheim, die die jüdischen Hilfsorganisationen führten, war bisher kaum etwas bekannt. Sie erhalten ein Gesicht. Beeindruckend aber sind vor allem die Briefe, von denen nur noch jene erhalten sind, die ihren Empfänger nie erreicht haben.mne

Bis 31. Januar 2005 in der Neuen Synagoge, Oranienburger Straße 28-30. Geöffnet: So bis Do, 10-18 Uhr, Fr 10-14 Uhr. Zusatzausstellung „Ahawah“ viermal täglich, nur geführt. Anmeldung oder Information telefonisch unter: 88028-368.

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