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Berlin: Verschlepptes Finale

Vor fünf Jahren hat Berlin Grundstücke rund um die Komische Oper verkauft Doch 26,8 Millionen Euro für dieses Geschäft sind bis heute nicht überwiesen

Sie ist ein Sanierungsfall. Millionen sind nötig, um die Komische Oper instandzusetzen. Doch das Land hat kein Geld. Deshalb kam die Finanzverwaltung vor fünf Jahren auf die Idee, zwei Grundstücke zu verkaufen und den Erlös daraus in die Sanierung zu stecken. Doch bislang ist kein Cent überwiesen – obwohl die Grundstücke fest vergeben sind. Mehr noch: Vor einem Jahr hat der Liegenschaftsfonds die Option noch einmal um fünf weitere Jahre verlängert. Nun könnte Berlin bis zum Jahr 2012 auf das Geld warten.

Andreas Homoki, Intendant der Oper, ist entsetzt: „Die Verträge sind richtig schlecht. Das Land ist ohne Not in Vorleistung gegangen.“ Diesen Vorwurf weist die Finanzverwaltung zurück. Ihr Sprecher Matthias Kolbeck: „Es war sinnvoll die Optionsfrist zu verlängern, weil wir es für möglich halten, mit den Investoren zu einem positiven Ergebnis zu kommen.“

Wie kam es zu dem Streit? Am 22. September 2000 schloss die Finanzverwaltung den Vertrag mit der Projektgesellschaft „Lindengalerie“. Beim Notar Klaus-Uwe Benneter, damals Abgeodnetenhaus-Mitglied und heute SPD-Generalsekretär, unterschrieben der Projektentwickler Reinhard Müller und der frühere FDP-Schulsenator Walter Rasch einen zweistufigen Vertrag. Zunächst zum Kauf über das Areal an der Glinkastraße für rund 28,7 Millionen Mark (14,6 Millionen Euro). Dieser Vertrag sollte aber erst wirksam werden, wenn der Käufer seine Option auf ein zweites Grundstück Unter den Linden nutzt, das knapp 24 Millionen Mark (12,2 Millionen Euro) kosten sollte. Diese Option war befristet bis zum 31. Dezember 2007. In dieser Zeit sollten zwei Bedingungen erfüllt werden. Das Land musste einen Grundstückstausch hinkriegen, denn ein Teil der Fläche an der Glinkastraße gehörte dem Bund. Der Tausch klappte schließlich 2003. Die zweite Bedingung war die härtere Nuss. Investor und Komische Oper mussten sich auf einen Baufahrplan einigen und auch darüber verständigen, wie die geplanten Neubauten aussehen. Zum Baufahrplan gehört der Umzug der Opernverwaltung. Denn ihr Haus steht auf dem Optionsgrundstück und soll abgerissen werden. Der Investor verpflichtete sich, für rund fünf Millionen Euro ein Ersatzgebäude zu errichten. Wollte er also seine Option wahren, hätte er langsam aktiv werden müssen, damit der Ersatzbau pünktlich zum Stichtag 31. Dezember 2007 fertig ist. Stattdessen ließ er sich die Option verlängern, bis zum 31. Dezember 2012.

„Dem Investor war es unmöglich, seine vertraglichen Pflichten einzuhalten“, argumentiert Behördensprecher Kolbeck, „deshalb hat er einen legitimen Anspruch darauf, dass die Optionsfrist verlängert wird.“ Das sieht der Berliner Anwalt Ulrich Schellenberg anders. Er ist von der Oper beauftragt worden, die Klauseln zu prüfen: „Der Vertrag ist extrem ungewöhnlich“, urteilt er, „die Verwaltung hätte mit dem Abschluss warten müssen, bis sich die Planungen des Investors konkretisierten.“ Sprecher Kolbeck hält dagegen: „Ein Verkauf an andere Investoren würde nach heutiger Marktlage zu einem geringeren Kaufpreis führen.“

Der einzige Plan für den Neubau, den Intendant Homoki bislang vorgelegt bekam, ließ ihn trocken schlucken. Die Zeichnung sah eine komplette Überbauung der Komischen Oper für ein großes Luxushotel vor – mit einem Palmengarten über dem Orchestergraben. Das war für die Oper nicht akzeptabel. Und er ging weit über das hinaus, was ein städtebauliches Gutachten im Senat für die Neubauten rund um die Oper empfohlen hat und Grundlage für den Kaufvertrag ist. Ein Palmengarten unterm Dach der Oper gehörte nicht dazu.

Die Finanzverwaltung gibt sich über die Empörung in der Oper überrascht und sieht die Gespräche zwischen dem Land, der Oper und dem Investor eigentlich auf einem guten Weg. Investor ist inzwischen der Baukonzern IVG, in dem die „Lindengalerie“ aufgegangen ist. Ihr einziges Kapital: die Grundstücksverträge mit dem Land Berlin.

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