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Berlin: „Verschoben wird nicht“

Senatorin Lompscher verteidigt den Starttermin der Umweltzone – trotz aller Bedenken der Bezirke

Das EU-Parlament hat beschlossen, dass Städte frühestens 2011 wegen zu hoher Feinstaubwerte bestraft werden können. Wäre es nun nicht vernünftig, die oft kritisierte Umweltzone später einzuführen?

Der Parlamentsbeschluss legt zwar neue Grenzwerte für noch feinere Partikel fest, aber die Werte für den Feinstaub PM10, über den wir hier reden, sind nicht gesenkt worden. Von Sanktionen werden die Städte vorerst nur verschont, wenn sie Luftreinhaltepläne aufgestellt und alle ihnen möglichen Maßnahmen gegen das Feinstaubproblem ergriffen haben. Zu denen gehört eindeutig die Umweltzone. Außerdem stellt die Regelung klar, dass wir spätestens 2011 die Grenzwerte unbedingt einhalten müssen. Darauf müssen wir uns jetzt vorbereiten. Also wird der Termin nicht verschoben.

Wie es aussieht, wird das Limit von 35 Tagen mit zu hoher Feinstaubbelastung schon in diesem Jahr in Berlin gar nicht überschritten werden – ganz ohne Umweltzone.

Das ist erfreulich. Aber es liegt daran, dass 2007 ein meteorologischer Ausreißer war: Wir hatten häufig West- und Südwestwind-Wetterlagen, viel Regen und keine langen Trockenperioden im Winter. Dadurch war die Feinstaubbelastung relativ gering. Aber diese Bilanz ändert nichts an der Vorgabe durch die Immissionschutzverordnung des Bundes, dass schon bei der Gefahr einer Grenzwertüberschreitung gehandelt werden muss. Und diese Gefahr besteht klar weiter. Schon ein Tag Überschreitung ist zu viel.

Weil rund 100 000 Fahrzeuge wegen zu schlechter Abgaswerte keine Plakette bekommen, haben die Bezirke mit einer Flut von Ausnahmeanträgen gerechnet. Angesichts von erst 1800 Anträgen: Verschlafen die Leute da ein Riesenproblem? Oder akzeptieren sie, dass sie in drei Wochen aus der Innenstadt ausgesperrt werden?

Die Gründe sind für uns vorab schwer einzuschätzen. Es wird wohl einige Autos geben, die nur außerhalb der Innenstadt bewegt werden und deshalb ohne Plakette auskommen. Außerdem wissen wir nicht, inwieweit Fahrzeugflotten im Laufe dieses Jahres modernisiert worden sind. Damit hätte die Umweltzone ja schon einen Zweck erfüllt. Aber es stimmt: Die geringe Zahl der Ausnahmeanträge deutet auf ein Problem hin. Wer jetzt noch keinen Ausnahmeantrag gestellt hat, muss damit rechnen, dass er seinen Bescheid nicht mehr rechtzeitig bekommt – und im Januar die 40 Euro Bußgeld zahlen muss, wenn er unrechtmäßig in der Umweltzone fährt.

Und was passiert, wenn die Antragsteller in den ersten Januartagen plötzlich doch noch die Bezirksämter stürmen?

Die Personalstellen für die Bezirksämter sind auskömmlich bemessen worden. Wir haben getan, was wir tun konnten.

Die Stadträte hegen rechtliche Bedenken, was Umsetzung und Kontrollen betrifft.

Da wir die Maßnahme neu einführen, lernen wir auch jeden Tag dazu. Deshalb begleitet eine Arbeitsgruppe aus vier Senatsverwaltungen das Projekt: Umwelt, Verkehr, Wirtschaft, Inneres. Zu den rechtlichen Bedenken wird es ein Gespräch mit dem Polizeipräsidenten geben, an dem auch Bezirksvertreter teilnehmen werden. Wenn Probleme bestehen, sind sie relativ leicht lösbar, da reicht eine Allgemeinverfügung des Innensenators. Das ist eine Sache von wenigen Tagen.

Das Gespräch führte Stefan Jacobs.

Katrin Lompscher

ist seit November 2006 Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. Die 45-Jährige ist außerdem stellvertretende Landesvorsitzende der Linkspartei.

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