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Hinter Mauern. Seit 2005 verbüßt Keith M. eine Haftstrafe wegen Mordes in der JVA Tegel.

© picture alliance / Paul Zinken/

Verurteilter Mörder aus Berlin: Gericht ordnet Sicherungsverwahrung für Keith M. an

Nach zehn Jahren Jugendstrafe muss der 29-Jährige in die nachträgliche Sicherungsverwahrung – ein Novum in Berlin. Keith M. selbst sieht sich als Opfer.

Im Alter von 16 Jahren brachte er den siebenjährigen Christian um – aus Mordlust, wie das Gericht feststellte. Keith M. verbüßte seine zehnjährige Haft und weitere Strafen wegen Gewalt im Gefängnis – bis zum letzten Tag. Freigelassen wird er aber nicht. Das Landgericht hat nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet. Ein Novum: Diese Maßnahme ist erstmals in Berlin gegen einen nach dem Jugendstrafrecht Verurteilten verhängt worden.

Eine Entscheidung, die in einer nicht öffentlichen Verhandlung gefallen ist. Die zuständige Jugendstrafkammer habe bei Keith M., inzwischen 29 Jahre alt, keine wesentliche Besserung bei der Bearbeitung seiner persönlichen Defizite sowie eine mangelhafte Aufarbeitung der Straftat gesehen, sagte Gerichtssprecherin Lisa Jani.

Keith M. fiel schon vor seiner Tat auf

Keith M. gilt als einer, der sofort zuschlägt. Schon als Elfjähriger fiel er als gewalttätig auf. Er griff eine Verkäuferin an und einen Schüler. Im Juni 2005 verprügelte er in Zehlendorf einen Bundeswehrsoldaten. Dabei soll er dem schon am Boden liegenden Opfer mehrfach gegen den Kopf getreten haben. M. wurde festgenommen. Ein Richter gewährte Haftverschonung.

Zwei Monate später, am 27. August 2005, lockte er den siebenjährigen Christian aus der Zehlendorfer Nachbarschaft in ein Versteck. Er quälte den Jungen zu Tode. Keith M. habe aus Frust und reiner Lust am Töten gemordet, urteilten die Richter im Juni 2006. M. erhielt die damals höchstmögliche Jugendstrafe von zehn Jahren Haft.

Hürden für nachträgliche Sicherheitsverwahrung sind sehr hoch

Hinter einer Jugendstrafe steckt der Erziehungsgedanke. Doch bei Keith M. scheint nichts geholfen zu haben. Immer wieder kam es zu Vorfällen. Erst kam er mit Verwarnungen davon, dann gab es sechs Monate und schließlich 2013 ein Jahr „Nachschlag“. Der längst Erwachsene ließ sich nicht beirren. Ende 2016 stand Keith M. erneut vor Gericht. Er war mit einem anderen Kindsmörder in der Gefängnisdusche aneinandergeraten. M. erhielt in dem Prozess 20 Monate Haft. Zu wenig für die damals von der Staatsanwaltschaft angestrebte Anordnung von Sicherungsverwahrung: Mindestens zwei Jahre Haft sind dafür eine der Voraussetzungen.

Am 27. April 2018 hatte Keith M. alle Strafen vollständig verbüßt. Doch die Staatsanwaltschaft konnte eine Freilassung verhindern: Gegen Ende der Vollstreckung beantragte sie eine nachträgliche Sicherungsverwahrung für den Mörder. Nach Jugendstrafrecht ist diese Maßnahme erst seit 2008 möglich. Es wird bundesweit extrem selten davon Gebraucht gemacht. Und die Hürden sind sehr hoch.

Keith M. sieht sich selbst als Opfer

Die Anordnung von Sicherungsverwahrung auch für Jugendliche ist nur bei schwersten Verbrechen möglich und nach der Haftverbüßung. Die ultima ratio. Voraussetzung ist unter anderem eine Jugendstrafe von mindestens sieben Jahren wegen „vollendeten Verbrechens gegen das Leben“. Zudem müssten Gutachter zu der Prognose kommen, dass von dem Verurteilten weiterhin eine hochgradige Gefahr schwerster Straftaten ausgehe, und die Defizite medizinisch nicht behandelbar sind.

Derzeit steht M. wieder wegen Körperverletzung vor dem Landgericht. Der Kindsmörder soll am 24. Mai 2017 in der JVA Tegel einen Mithäftling verprügelt haben. Zu einem weiteren Übergriff sei es im Februar 2018 in der JVA Moabit gekommen. Er habe einen Mithäftling mit Faustschlägen traktiert und getreten.

Keith M. aber sieht sich als Opfer. In zwei Briefen an Freunde schrieb vor ein paar Monaten, man wolle ihn wegsperren. „Obwohl ich Opfer bin, das ist die Geschichte meines Lebens.“ Er gehe in Haft allen Auseinandersetzungen aus dem Wege. Er sei ein „anständiger Mensch“. Am 25. Oktober soll im laufenden Prozess geurteilt werden. 18 Monate Haft sind von der Anklage gefordert. M. selbst will für sich einen Freispruch erreichen.

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