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Berlin: Verwahrlost: Wieder zwei Kinder befreit

Im Fall aus Prenzlauer Berg will Mutter Kinder zurück

Spinnweben hingen an den Decken, Müll und Schmutzwäsche waren überall in den Zimmern verteilt – in der Küche häuften sich verdorbene Essensreste, aus denen Maden krabbelten: Erneut hat die Polizei am Montag zwei Kinder aus einer verwahrlosten Wohnung befreit. Diesmal war es in Reinickendorf. Erst am Donnerstag entdeckten die Beamten in einer Wohnung in Prenzlauer Berg vier vernachlässigte Kinder im Alter zwischen acht und zwölf Jahren: Wie berichtet, lebten die Geschwister völlig auf sich allein gestellt in der verschmutzten Wohnung. Die 46-jährige Mutter war im vergangenen Sommer zu ihrem Freund gezogen. Wie sie jetzt behauptet, will sie mehrmals pro Woche gekommen sein, um den Kindern Geld zu hinterlassen.

Im aktuellen Fall in Reinickendorf hatte ein Anwohner „unangenehmen Geruch“ aus der Wohnung bemerkt und daraufhin der Polizei einen Hinweis gegeben. Wie der zuständige Jugendstadtrat Peter Senftleben (SPD) gestern sagte, habe das Jugendamt die zwölfjährige Tochter und ihre vierjährige Schwester bis auf Weiteres in Obhut genommen. Zwei weitere Kinder – ein neugeborenes Zwillingspaar – sind noch in einem Krankenhaus. Die Familie sei beim Jugendamt bislang nicht bekannt gewesen. „Wir werden in dieser Woche prüfen, wie es weitergeht“, sagte der Stadtrat.

Im Fall der vier vernachlässigten Kinder aus Prenzlauer Berg gab es am Montag ein zweites Gespräch zwischen dem Jugendamt und der Mutter. Die vier Kinder sind derzeit gemeinsam in einem Heim untergebracht. Wie die zuständige Stadträtin Christine Keil sagte, sei im Gespräch mit der Mutter herausgekommen, dass sie ihre Kinder zurückhaben möchte und deshalb mit dem Jugendamt kooperieren wolle. Dazu gehöre unter anderem, dass die Mutter die Wohnung in einen ordentlichen Zustand bringt. Auch zum leiblichen Vater der Kinder, der nicht mehr bei der Familie lebt, sei Kontakt aufgenommen worden. Details wollte die Stadträtin nicht nennen. Sollte sich herausstellen, dass die Mutter auch weiterhin nicht in der Lage ist, sich angemessen um ihre Kinder zu kümmern, müsse über ein Familiengericht ein Sorgerechtsentzug beantragt werden. Wie Stadträtin Keil sagte, hätten sich seit Freitag mehrere Bürger beim Amt gemeldet, um der Mutter finanzielle Hilfe anzubieten. „Wir geben die Kontaktdaten an die Mutter weiter“, sagte Keil. Auch die Zehlendorferin Hannelore Schmolke-Asdonk (60) hat sich spontan bereit erklärt, der Familie zu helfen, nachdem sie die Geschichte der Kinder im Tagesspiegel gelesen hatte. „Es hat mich angerührt, wie selbstständig die Kinder ihren Alltag organisiert haben“, sagt die Ärztin. Ihr sei es wichtig, dass die Geschwister auch weiterhin zusammenleben können. Sie – selbst Mutter dreier Kinder und dreifache Großmutter – würde am liebsten eine Patenschaft übernehmen. „Natürlich nur, wenn die Mutter zustimmt“, sagt sie. Auch finanziell würde sie gern über das Jugendamt Hilfe anbieten. „So eine Entrümpelung kostet schließlich Geld.“

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