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Verwaltung: Deutschkurs für Amtsstuben

Die Verwaltung der Berliner Bezirke ist dilettantisch und zudem teuer, stellt der Verwaltungswissenschaftler Heinrich Bücker-Gärtner fest. Abhilfe könnte ein System der Ruhr-Universität Bochum schaffen.

Mit der Bürokratie ist es so eine Sache. Funktioniert sie, beschweren sich Firmen und Privatleute über Verwaltungsaufwand und Papierkram - funktioniert sie nicht, müssen sich Bürger über Amtsanmaßung, Wildwuchs und Korruption ärgern. Der Unmut über die Bürokraten ist wohl so alt wie der Staat selbst, Abhilfe ist vorerst nicht in Sicht - sieht man einmal von Edmund Stoiber ab, aus Bayern entsandt mit dem Auftrag, die EU zu entrümpeln.

Doch geht es nicht um die Anzahl der Gesetze und Verordnungen, die zu bekämpfen sind. Vielmehr brauchen Bürger eine funktionierende Verwaltung mit funktionierenden Gesetzen. Nur sollte diese sich eher als professionelle Serviceeinrichtung verstehen, denn als obrigkeitsstaatliche Instanz.

Experte: Ein Drittel der Berliner Bürgermeister ungeeignet.

Speziell die Berliner Verwaltung kann sich diesbezüglich nicht mit Lorbeeren schmücken. "Keine Großstadt hat eine so dilettantische Verwaltung wie die Bezirke der Hauptstadt", meint der Verwaltungswissenschaftler Heinrich Bücker-Gärtner. Grund sei unter anderem die teilweise unzureichende Qualifikation der Führungskräfte.

Nach Einschätzung des Professors an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege Berlin (FHVR) sind ein Drittel der Bürgermeister und Stadträte in den Bezirken für ihren Job ungeeignet. Ein Drittel sei sehr qualifiziert, mit dem restlichen Drittel könne man leben. Die Posten würden eher nach politischen als nach fachlichen Kriterien verteilt, kritisiert der Wissenschaftler.

Postengeschacher als Auslöser

Die politische Vergabe sei in Berlin ein größeres Problem als in anderen Großstädten, wo auf dieser Verwaltungsebene anstelle von politischen Wahlbeamten Dezernenten die Amtsgeschäfte führten. Mit den Posten in den hauptstädtischen Bezirken werde zwischen den Parteien häufig geschachert, sagt Bücker-Gärtner. Selbst wenn die Unfähigkeit im Einzelfall erkannt sei, dauere es viel zu lange, bis man sich von den Betroffenen trenne.

Jedoch ist die mangelnde Qualifikation einiger Führungskräfte nicht das einzige Problem. Eine bürgernahe Verwaltung müsse von ebendiesen auch verstanden werden, meint Michaela Blaha. Sie arbeitet am Projekt Idema (Internet-Dienst für eine moderne Amtssprache) im Fachbereich Angewandte Linguistik an der Ruhr-Universität Bochum. Mit ihren Kollegen formuliert sie eine verständliche und dennoch juristische korrekten Amtssprache.

Verständliche Formulierungen

Einige tausend Euro müssen teilnehmende Ämter hinlegen, wenn sie auf die Online-Datenbank mit unzähligen Wendungen der Bochumer zugreifen wollen. Letztlich würde sich das aber finanziell lohnen, meint Blaha. Durch verständlich formulierte Briefe fielen Rückfragen von Bürgern weg. Floskeln wie "Bitte überweisen Sie o.g. Betrag an eine der u.g. Kontoverbindungen" kosten jedem Leser Zeit und führe oft zu Unsicherheiten, weswegen dann nachgefragt werde. Darüber hinaus sei es im Internetzeitalter kaum hinnehmbar, dass Verwaltungen sich noch auf uralte Formulierungen wie "Kindesmutter", "Fernsprecher" oder "Ablichtungen" stützen. Zudem gebe es viele Klagen, weil Bürger die ihnen zustehenden Gelder nicht beantragten. Formulare seien teilweise schlicht unverständlich für Außenstehende.

Die Berliner Verwaltung interessiert sich jedoch nicht für die Datenbank. Zwar habe man aus Bochum eine Anfrage an die Hauptstadt geschickt, diese sei aber unbeantwortet geblieben. Ganz unbekannt sind die Probleme hierzulande nicht: 2006 wurde die Entwicklung eines Monitoring-Systems in Auftrag gegeben. Die dadurch festgestellten "Best- und Durchschnittswerte" der Bürgerämter und Bezirke sollen deren Arbeit langfristig verbessern. Auch ohne Gesandtschft aus Bayern.

Michael Stürzenhofecker

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